Das Internationale Literaturfestival Wortspiele findet am 15., 16. und 17. März zum 17. Mal im Muffatwerk statt.

Das Konzept für die WORTSPIELE ist stimmig: Junge Autoren lesen, ein DJ macht Musik, an den Wänden Projektionen, jeden Abend eine Abstimmung und Verlosung eines Buchpakets, und am Ende gibt es einen Preisträger, der sich auf Los Angeles freuen darf. Ausgedacht hat es sich Johan de Blank, ein Literaturagent, der in München kein Unbekannter ist. Immerhin hat er mehr als 20 Jahre in München gelebt, hat seinerzeit als Buchhändler in der Amalienbuchhandlung regelmäßig Autoren lesen lassen, und lockt heute mit ausgesuchten Veranstaltungen zu Neoliberalismus oder DADA ins Caveau in Schwabing.

Johan de Blank also bringt Literatur und Öffentlichkeit zusammen. Im Muffatwerk (Zellstr. 4) am Mittwoch, Donnerstag und Freitag Abend (jeweils von 20 bis etwa 23 Uhr) geschieht dies auf eine ganz besondere Weise, die sich seit 2001 bewährt hat. Je sechs Schriftsteller lesen jeweils 20 Minuten aus ihrem neuen Werk. Der Veranstalter hat sie selber ausgesucht, sie dürfen nicht älter als 40 sein. Er baut dabei auf sein Netzwerk, seine Erfahrungen, und sein Gespür für WORTSPIELE, die bei einem großstädtischen Auditorium hier und jetzt ankommen könnten. Viele der ausgewählten Literaten haben sich bereits bewährt, andere debütieren. Niveau ist Voraussetzung, aber auch das Versprechen zu liefern, was zu fesseln vermag: einen eigenen Stil, eine gute Geschichte. Die Dramaturgie jedes Abends ist durchdacht. Bekannte und etablierte Autoren ziehen (noch) unbekannte mit, so ist Vielfalt garantiert. Und der DJ Nicolai Vogel reizt sicher ganz besonders ein junges Publikum. Auch er hat sich in München mit den „Münchner See-Lesungen“ am Kleinhesseloher See (bis 2000) sowie als Artist-in-Residence (2009) und Preisträger (2012 beim Wettbewerb „Let’s perform – Kunst im öffentlichen Raum“) einen Namen gemacht.

Neu-Gier ist eine Eigenschaft, die sich Johan de Blank an diesen drei Tagen durchgehend wünscht, bei Vortragenden wie Zuhörern. Der erste Tag (Mittwoch) beginnt gleich mit einer Münchner Autorin, Kristina Pfister, die in „Die Kunst, einen Dinosaurier zu falten“ in ein Leben am Ende der Jugend entführt. Bei den fünf anderen Autoren, Nava Ebrahimi („Sechzehn Wörter“), Benjamin Lebert („Die Dunkelheit zwischen den Sternen“), Alina Herbing („Niemand ist bei den Kälbern“), Juliana Kálnay („Eine kurze Chronik des allmählichen Verschwindens“) und Jens Eisel („Bevor es hell wird“) geht es um die fremde Heimat Iran, Kindheiten in Nepal, einen Milchviehbetrieb in Mecklenburg-Vorpommern, um zwei Brüder mit Lebenserfahrungen im Knast und in Afghanistan, und um Surreales und Absurdes in einer Hausgemeinschaft.

Auch am zweiten Tag, Donnerstag, könnten die beschriebenen Lebenswelten unterschiedlicher nicht sein. Es lesen Julia Zange („Realitätsgewitter“), Jasmin Ramadan („Hotel Jasmin“), Kerstin Preiwuß („Nach Onkalo“), Martin Becker („Marschmusik“), Nina Bußmann („Der Mantel der Erde ist heiß und teilweise geschmolzen“) und Andreas Stichmann („Die Entführung des Optimisten Sydney Seapunk“). Die Zuhörer müssen folgen, von Berlin nach Sylt, von Hamburg nach Kairo, vom Taubenschlag ins Bergwerk, von den Wäldern Nicaraguas in ein alternatives Wohnprojekt.

Am dritten Tag schließlich sind wieder zwei Münchnerinnen zu Gast. In „Mehr Schwarz als Lila“ von Lena Gorelik muss sich eine 17-Jährige ihren Weg suchen zwischen Papagei und schweigsamem Vater, Nadja Schlüter („Einer hätte gereicht“), die auch für „jetzt“, das Jugendmagazin der SZ schreibt, befasst sich in Erzählungen mit den einzigartigen Beziehungen von Geschwistern. Die übrigen vier Autoren bieten nicht minder spannenden Stoff: In („Über Land“) von Hannah Dübgen muss sich die Protagonistin plötzlich in Bagdad behaupten, Jakob Nolte erzählt in „Schreckliche Gewalten“ von Werwölfen, Hyänen und ihre Bedeutung für die Menschen, Julia Wolf („Walter Novak bleibt liegen“) wagt sich an ein Männerporträt, und Philipp Winkler befasst sich in „Hool“ mit den Problemen eines Jungen, der sich durchboxen muss.

Die Abfolge der drei Abende ist kein Produkt des Zufalls, Johan de Blank spricht von einem „Gesamtkunstwerk“. Die jungen Literaten sind zweifelsohne die Hauptdarsteller, doch sie erhalten Unterstützung, nicht nur von der Musik. Jeden Abend darf das Publikum die Siegerin oder den Sieger des Abends küren, am Ende des Festivals wird der Wortspiele-Preis von Bayern 2 vergeben. Die Juroren sind Tanja Graf (Leiterin des Literaturhauses), Cornelia Zetsche (BR) und Fridolin Schley. Der Preisträger erhält 2000 Euro und ein einmonatiges Aufenthaltsstipendium in der Villa Aurora, der ehemaligen Feuchtwanger-Villa, in Los Angeles. Sein Festivalbeitrag wird ins Englische übersetzt und präsentiert in LA und in Bayern 2 am 19. März (11 Uhr).

WORTSPIELE also mixt die gute, alte Wasserglaslesung mit allerlei urbanen und jungen Zutaten zu einem pfiffigen Gesamtkonzept, an dem neben Johan de Blank die Muffathalle und das Kulturreferat der Landeshauptstadt sowie die Verlage der Autoren und die Villa Aurora beteiligt sind. Die Eintrittspreise sind erschwinglich: Das Tagesticket kostet im Vorverkauf 12, an der Abendkasse 15 Euro, drei Abende können für 24 bzw. 29 Euro gebucht werden. Es gibt Sonderpreise. Karten gibt es bei München-Ticket (089/54818181). Weitere Infos unter www.festival-wortspiele.eu.

Ursula Sautmann