Das Standbild am Maximiliansplatz hatte einen Vorgänger

Von Ina Kuegler

Und dann ist auch noch das Wetter schlecht! Nur einen einzigen Tag bleibt Goethe in München, auf der Durchreise nach Italien.  „Ein Nebel, der für einen Regen gelten konnte, empfing mich heute früh vor München, den ganzen Tag blies der Wind sehr kalt, der Himmel war bedeckt“. Es ist der 6. September 1786, am 7. reist Goethe ab. München und Goethe – ein bisweilen sperriges Verhältnis. Das lässt sich auch an den Denkmälern ablesen, die die Stadt dem Dichter widmet.

Es sind zwei Statuen, die erste wird 1869 errichtet und steht am Lenbachplatz, die zweite 1962 am benachbarten Maximiliansplatz. Das erste Bronze-Standbild stammt von Max von Widnmann (1812 – 1895) und wird von König Ludwig II. in Auftrag gegeben. Nur „kümmerliche“ 1500 Gulden erhält der Bildhauer für diese Statue, außerdem – so beklagt sich Widnmann im Sommer 1869 – müsse das Standbild schon an Goethes Geburtstag am 28. August aufgestellt werden. Das Denkmal zeigt Goethe im antiken Gewand mit der Lyra in der Linken – so hat es Ludwig II. gewünscht. Gegossen wird das Standbild in der Erzgießerei Miller. Bei der Enthüllung des Denkmals spricht Oberstkämmerer Graf von Pocci, abends wird im Hoftheater Goethes „Iphigenie“ aufgeführt.

München und Goethe haben sich gefunden. Dazu beigetragen hat König Ludwig I., der Goethe verehrt und ihn, den „König der Teutschen Dichter“ von Weimar weg nach München locken will. Am 28. August 1827 besucht Ludwig I. Goethe in Weimar und schreibt ihm Monate später: „Die mit Ihnen verlebte Zeit ist keine Vergangenheit geworden, sie bleibt als ewig erfreuende Gegenwart.“ Im Auftrag von Ludwig I. reist der Münchner Hofmaler Joseph Karl Stieler im Mai 1828 nach Weimar und schafft das berühmte Porträt des Dichters, das heute in der Pinakothek hängt.

Nicht mehr erhalten ist hingegen das Goethe-Denkmal von Widnmann. So heißt es am 1. Februar 1949 in der „Süddeutschen Zeitung“: „Das 3.20 Meter hohe Bronzedenkmal des Dichters ist wohl im großen Denkmäler- und Glockenfriedhof von Hamburg verloren gegangen, d.h. im Krieg in die Schmelzkessel gewandert.“ Vorausgegangen ist am
27. März 1940 ein Aufruf von Generalfeldmarschall Hermann Göring zur „Spende des deutschen Volkes zum Geburtstag des Führers“. Mit der Metallspende sollen kriegswichtige Rohstoffe flächendeckend auf Sammelstellen geschafft werden. Der Aufruf richtet sich an private Haushalte, Kommunen oder Kirchengemeinden. Wer Metall zum Einschmelzen gespendet hat, bekommt zum Dank eine Urkunde des Führers.

Am 21. Juli 1956 titelt die SZ: „Von Goethe keine Spur“ und zeigt ein Foto mit dem Sockel des ehemaligen Standbilds. Erst zur 800-Jahr-Feier von München kommt Bewegung in die Denkmal-Misere: Die Stadt will möglichst viele Standbilder aufstellen, die im Krieg verloren gegangen sind. Im März 1958 bewilligt die Stadtkämmerei 80 000 DM für eine Goethe-Statue, die Deutsche Bank steuert 20 000 DM bei. Bis das Denkmal steht, vergehen noch vier Jahre. In der Zwischenzeit berichtet die „Abendzeitung“ im Oktober 1959 von einem Scherz am Lenbachplatz. Unbekannte haben am Denkmal-Sockel ein Plakat angebracht, auf dem ein aufgehängter Herrenmantel zu sehen ist. Drunter steht in großen Lettern: „… bin im Hofbräuhaus. Goethe.“´

Am 22. März 1962 ist es endlich so weit: Das neue Goethe-Denkmal wird am Maximiliansplatz beim Hotel Regina (Nähe Ottostr.) enthüllt. Oberbürgermeister Hans- Jochen Vogel spricht von einem „Tag der Wiedergutmachung“. Das Standbild  – Goethe in einen großen Mantel gehüllt – stammt vom Bildhauer Elmar Dietz (1902-1996), ist 3.50 Meter hoch, der Sockel ist aus Dolomitmarmor und trägt die Inschrift „Johann Wolfgang von Goethe 1749 bis 1832“.

P.S. In einer Serie stellen die „LiteraturSeiten München“ Dichter-Denkmäler in der Landeshauptstadt vor. Den Anfang machten Kurt Eisner am Jakobsplatz und Heinrich Heine im Finanzgarten.