Und mein Hund Moe bekommt immer Kekse

Der Schriftsteller Christoph Poschenrieder und seine Lieblingsbuchhandlung „Buch & Bohne“

„Inzwischen ist Amazon gigantisch mächtig und unheimlich geworden.“ Und: „Bücher sind für Amazon wie Plastikeimer oder Waschlappen.“ So sieht es der Schriftsteller Christoph Poschenrieder, und so sehen es auch viele MünchnerInnen: Sie trotzen dem Online-Riesen und bestellen und kaufen ihre Bücher in der Buchhandlung gleich um die Ecke. Wir von den „LiteraturSeiten München“ (LS) wollen in den nächsten Monaten Buchläden und deren prominente KundInnen vorstellen – nach dem Motto: „Meine Lieblingsbuchhandlung“.

Vier Räume hat die Buchhandlung „Buch & Bohne“ und ist damit eine
Große unter den kleinen Buchläden Münchens. Sie liegt zwischen Goethe- und Kapuzinerplatz in der Häberlstraße; Mariann Geier eröffnete sie im Oktober 2010. „Zu Buch & Bohne gehe ich seit vier Jahren“, sagt der Münchner Schriftsteller Christoph Poschenrieder. „Eine Buchhandlung hat in meinem Viertel – südliche Isarvorstadt – gefehlt. Tja, es gibt Bücher, guten Espresso, gute Unterhaltung und Beratung, und mein Hund Moe hat immer die Kekse von Random House bekommen. Was will man mehr.“

Mit „Buch & Bohne“ hat sich Mariann Geier, die vor 30 Jahren von Ungarn nach München gekommen ist, einen Jugendtraum erfüllt. „Ich wollte in München die alte Kaffeehauskultur von Budapest wieder aufleben lassen.“ Die Buchhändlerin Geier erinnert sich voll Schwärmerei an ihre Heimat: alte Kronleuchter, an den hohen Wänden Zeichnungen und Bücher, „und zu jedem Kaffee gab es einen kleinen Schnaps.“ Schnaps gibt es in der Häberlstraße nicht, dafür selbstgemachten Kuchen und Kaffee in allen Variationen. Zwischen Belletristik und Sachbüchern stehen ein Biedermeiersofa mit drei alten Stühlen sowie zwei weitere Tischchen, an denen die Kunden Espresso oder Cappuccino trinken, plaudern, diskutieren, lesen.

Christoph Poschenrieder kommt fast täglich zu „Buch & Bohne“. „Ich wüsste nicht, warum ich mir ein Buch bei Amazon holen sollte, wenn ich es mit einer e-mail und einem Spaziergang von einer Viertelstunde bei meiner Buchhandlung bekomme.“ Poschenrieder ist nicht nur Stammkunde bei „Buch & Bohne“, er hat dort auch schon seine Werke vorgestellt. Lesungen gehören zum festen Programm von Mariann Geier, so waren beispielsweise Tilmann Spengler, Frank Günther, Kai Hensel, Sebastian Glubrecht, Tillmann Rammstedt, Lukas Hartmann oder Christine Kaufmann in der Häberlstraße zu Gast.

Neben Lesungen veranstaltet „Buch & Bohne“ auch Blueskonzerte oder Kasperltheater für Kinder, die bei Mariann Geier ein wahres Eldorado vorfinden: So gibt es einen eigenen Raum für die Kleinen, der zweigeteilt ist. In einem Bereich dürfen Kinder malen, auf der Schreibmaschine tippen oder mit großen Steifftieren spielen, im anderen Bereich können die jungen Kunden in den Büchern stöbern – aber nur, wenn Mama oder Papa aufpassen. Für Kinder hat die Buchhändlerin auch gleich noch einen besonderen Tipp: So empfiehlt sie das Bilderbuch „Der Bär, der nicht da war“ von Oren Lavie in der Übersetzung von Harry Rowohlt und mit Illustrationen von Wolf Erlbruch – für Kinder ab vier Jahren und natürlich auch für (wie jedes gute Kinderbuch) Erwachsene. Denen rät Mariann Geier unter anderem zur Lektüre von „Die Gierigen“ von Karin Tuil, „Die Interessanten“ von Meg Wollitzer, „Das achte Leben“ von Nino Haratischwili oder von „Ein ganzes Leben“ von Robert Seethaler.

Ja, und sie empfiehlt natürlich auch Christoph Poschenrieders „Das Sandkorn“. Das Werk, im Vorjahr im Diogenes-Verlag erschienen, war bislang der größte Erfolg des Schriftstellers: Es stand auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis. Zwei Jahre arbeitete der 1964 in Boston geborene Autor an diesem historischen Roman. „Zwecks Recherche und Inspiration war ich in Italien und in Berlin. Für Berlin allerdings waren alte Stadtpläne und Fotos hilfreicher, da sich die Stadt so sehr verändert hat seit 1914.“ Derzeit schreibt der Autor an einem neuen Roman, zu Titel und Thema will er noch nichts ausplaudern. Aber er verrät dann doch: „Nichts Historisches, eine Art Komödie. Schwarzer Humor.“

Buchhandlungen, so versichert Poschenrieder, gehörten einfach zur Kulturinfrastruktur einer Stadt. Und der „Buch & Bohne“-Kunde Reinhard Ammer, der derzeit seine rabenschwarzen Gschichtn mit dem Titel „Herzzreissn“ präsentiert, ergänzt: „Es gibt doch in München nun wirklich genug Nadelstudios und Telefon-Läden.“ Zudem arbeite eine Buchhandlung ökologisch: So nimmt der Buchladen die gesammelten Bestellungen seiner Kunden tagsüber entgegen und habe die Bücher am nächsten Morgen parat. „Da muss nicht jedes Buch einzeln in jeden Haushalt geliefert werden.“ Wir leben doch nicht, ergänzt
Poschenrieder, auf einem Einödhof in der nördlichen Oberpfalz! Nein, wir leben mitten in München.
Ina Kuegler