Stefan-Zweig-Ausstellung im Literaturhaus noch bis 7. Juni

In der neuen Ausstellung im Literaturhaus München spricht Stefan Zweig aus dem Exil zu uns. Im Fokus stehen seine beiden Werke „Die Welt von gestern“ und „Schachnovelle“. „Wir brauchen einen ganz anderen Mut! Stefan Zweig – Abschied von Europa“ heißt die Dokumentation, die vom Theatermuseum Wien übernommen worden ist. Kurator ist Klemens  Renolder, seit 2008 Direktor des Stefan Zweig Centre der Universität Salzburg.

Das Ausstellungskonzept ist schon in Wien auf Begeisterung gestoßen, zieht es doch den Betrachter direkt in die großen Themen des Schriftstellers in seinen letzten Jahren hinein: in den Terror der Nazis und in die Situation des Exils. Ein Hotelambiente dient zwei Mal als Kulisse für die Ausstellungsobjekte, einmal versehen mit allen Merkmalen des Wiener Fin de Siècle, das Stefan Zweig so geliebt hat und das er nun für eine Schiffsreise ins Ungewisse endgültig hinter sich lassen muss, das andere Mal umgebaut zum Hauptquartier der Gestapo, die eine Folterkammer aus dem ehemals dem Luxus geweihten Haus macht. Hier hängen die schwarzen Mäntel der Folterer an den Wänden, und die fürchterlichen Erinnerungen des Dr. B. aus der „Schachnovelle“ werden zum Leben erweckt. Wo die Kisten gepackt, die Bilder von den Wänden genommen und die Teppiche aufgerollt sind, werden Zweigs geliebte Autografen ausgestellt. In München ist alles weitgehend nachgebaut worden.

Stefan Zweig beschreibt in „Die Welt von Gestern“ ausführlich seine Begeisterung für Autographen, der er bereits in Jugendjahren verfiel und die er über die Jahre noch ausbaute. „Ich suchte also von einem Dichter nicht nur die Handschrift eines seiner Gedichte, sondern eines seiner schönsten Gedichte und womöglich eines jener Gedichte, das von der Minute an, da die Inspiration in Tinte oder Bleistift zum erstenmal irdischen Niederschlag fand, in alle Ewigkeit reicht“, heißt es in seinen autobiografischen Erinnerungen. Man kann ermessen, wie schmerzhaft es für ihn war, die Sammlung aufzugeben, als er Österreich 1934 verlassen musste. Einen Teil schenkte er der Theatersammlung der Nationalbibliothek, das Theatermuseum zeigt einige dieser wertvollen Stücke erstmals. Auch Manuskripte und Typoskripte aus Archiven in den USA und Israel sind zum ersten Mal zu sehen.

Stefan Zweig, geboren 1881 in Wien als Sohn eines Textilindustriellen, hat zahlreiche Werke verfasst, die weltweit gelesen wurden. Er war oft und lange auf Reisen, auch zu Recherchezwecken für seine Bücher, er hat Freundschaften gepflegt zu Hermann Hesse, Romain Rolland, Joseph Roth, Frans Masereel und Walther Rathenau und vielen anderen. Frieden und Völkerverständigung standen Zeit seines Lebens ganz oben auf seiner Wunschliste, er war überzeugter Europäer, ja Kosmopolit. Doch zu seinem Leben gehörten auch zwei Weltkriege, die öffentliche Verbrennung seiner Bücher, die Isolation des Exils zunächst in England, dann in die USA und in Südamerika, wo er sich, gemeinsam mit seiner Frau, in der Nacht vom 22. auf den 23. Februar 1942 das Leben nahm. Die Ausstellung hat diese Seite seines Lebens im Blick und gewinnt mit dem Fokus auf Emigration, Fremdheit und Verlust der Sprache eine ganz aktuelle Brisanz. Das Literaturhaus will in seinem umfangreichen Begleitprogramm mit Führungen und Lesungen deshalb auch nicht nur den letzten Lebensabschnitt dieses großen Autors beleuchten, sondern Brücken bauen zur Jetztzeit.   Ursula Sautmann

Die Ausstellung „Wir brauchen einen ganz anderen Mut!“ ist vom 4. März bis zum 7. Juni 2015 geöffnet (Mo bis Fr 11 bis 19 Uhr und Sa/So/Feiertag 10 bis 18 Uhr). Der Katalog hat den Titel „Stefan Zweig – Abschied von Europa“ (Christian Brandstätter Verlag/Theatermuseum).