Begleitband zur Foto-Ausstellung der Bayerischen Staatsbibliothek

Von Stefanie Bürgers

Donisl wieder geöffnet ab 5 Uhr früh“! Über das Schild hinweg sieht man die Türme der Frauenkirche. Nur das Parterre des Hauses hat den Krieg überstanden, eine Behelfslösung. Es steht nicht mehr viel von München, doch es entsteht wieder ein Stück Normalität.

Die Bildfolge im Begleitband zur  Ausstellung reicht von circa 1850 bis in die 1970er Jahre. Portraits aus den Anfängen der Fotografie, sorgsam verwahrt im Samtkästchen. Das Novum der Fotografie in freier Natur, gestellte Arrangements von Touristen in schlecht sitzender Tracht vor einer Foto-Bergkulisse. Herzog Karl-Theodor, nicht in aristokratischer Pose, sondern als Arzt, vertieft in Lektüre. Berühmtheiten wie Thiersch, Liszt, Liebig  wechseln sich ab mit den Fotografen selbst, als Versuchsobjekte neuer Technik. Baudenkmäler, Stadtansichten, der bezwungene Gipfel der Zugspitze.

Den Untertiteln der Fotos widmen Ausstellung und Begleitband besondere Aufmerksamkeit. Fehlt der Kontext, ist Bildbetrachtung reflexionslose Ansicht. Die Bedeutsamkeit der Bilder wird erst augenfällig durch wachsame Erläuterung und Einbindung in größere Zusammenhänge.

Hoffotografen sind als Zeugen der Geschichte genauso vertreten, wie Fotografin Felicitas Timpe oder Journalist Georg Fruhstorfer. „Besondere Bedeutung hat“, so Dr. Cornelia Jahn, Kuratorin und Leiterin der Abteilung Karten und Bilder in der Staatsbibliothek, „die Nachtaufnahme des brennenden München während eines Angriffs. Tino Walz brachte sich dabei doppelt in Gefahr. Er stieg während des Angriffs auf einen der Frauentürme und wagte eine Aufnahme, die als Hochverrat galt.“ Die Bilder des `Reichsbildberichterstatters` Heinrich Hoffmann dagegen sollten den Nationalsozialismus inszenieren.  Am Ende aber diente sein Fotomaterial in den Nürnberger Prozessen als wichtiges Beweismittel.

Anfang der 50er Jahre pulsiert das Leben in München wieder bunt und vielfältig.  Fasching der damischen Ritter. Ausstellungseröffnung von Kokoschka im Haus der Kunst, ein treffsicher gewählter Ort für die Ausstellung des einst als entartet diffamierten Künstlers. Dreharbeiten zu Raumschiff Orion, Konzert der Rolling Stones, Wiedereröffnung der Staatsoper, überfüllte Trambahnen und zunehmender Individualverkehr.

In Jackett und Schlips, die Zigarette lässig im lächelnden Mund, das Haar modisch, entsteigt Reiner Zimnik, 1958 Literaturpreisträger der Stadt, seiner Isetta und genießt sichtlich das Lebensgefühl einer neuen Zeit. Da schau her!

Begleitband zur Ausstellung,
303 Seiten gebunden, Verlag Schirmer und Mosel im Buchhandel 49,80 Euro,
als Paperback 29,80 Euro.
Die Ausstellung, die bis zum 21. Juni laufen soll, ist derzeit geschlossen!
Besuch der Ausstellung virtuell möglich www.bsb-muenchen.de/virtuelle-ausstellung-muenchen-schau-her/