In guter Nachbarschaft
Der Münchner Krimi-Autor Su Turhan und „Buch in der Au“

Bekennender Obergiesinger sei er, betont Su Turhan. Aber er gehe gern in die Au runter, fügt der Münchner Schriftsteller hinzu. Dort in der Humboldtstraße ist nämlich seine Lieblingsbuchhandlung „Buch in der Au“. Dabei liegt dieser Buchladen eigentlich gar nicht in der Au, sondern in Untergiesing. „Die Mitte der Humboldtstraße ist die Grenze“, erklärt Elisabeth Reisbeck, die Inhaberin von „Buch in der Au“. Als sie vor 16 Jahren den Buchladen eröffnete, war sie mit den Grenzfragen und den Empfindlichkeiten der Stadtteilbewohner noch nicht so vertraut. Mittlerweile haben ihr die Münchner aber verziehen: Sie sind Stammkunden von „Buch in der Au“ geworden. „Gut 80 Prozent unserer Käufer sind aus der Nachbarschaft“, sagt Elisabeth Reisbeck. Sie kämen ganz bewusst in die Humboldtstraße – schließlich solle dieses Stadtviertel so bleiben wie es ist. Su Turhan (49), der die Buchhandlung schon entdeckte, als er seine Kleinen in den Kindergarten am Kolumbusplatz brachte, sieht die Entwicklung mit Sorge: „Unten und oben bei uns tut sich gerade viel. Paulaner zieht weg, irgendwie wird alles trendiger und teurer.“

Da kann „Buch in der Au“ mit Altbewährtem aufwarten: Schon immer bildete die schöne Literatur den Schwerpunkt des Sortiments. Und seit Jahren machen Kinder- und Jugendbücher ein Drittel des Umsatzes aus. „Hier wohnen sehr, sehr viele Familien. Kinder sind ganz treue Kunden“, sagt Elisabeth Reisbeck. Die Kleinen haben in der Buchhandlung einen separaten Raum, in dem sie nach Lektüre stöbern können. Auch mit den umliegenden Schulen arbeiten Reisbeck und ihre Kollegin Sabine Abel eng zusammen. So wurde die Buchhandlung mit dem Gütesiegel „Leseforum Bayern – Partner Schule“ für ihren Einsatz in Sachen Leseförderung ausgezeichnet.

Ein weiteres festes Standbein im Sortiment von „Buch in der Au“ sind Krimis – und dazu gehören natürlich auch die Romane von Su Turhan. Der in Istanbul geborene Autor hat mittlerweile drei Bücher (alle bei Droemer Knaur erschienen) mit Kommissar Pascha geschrieben. Sein jüngstes Werk „Kruzitürken“ hatte erst kürzlich beim Münchner Krimifestival Premiere. „Da war was los im vollbesetzten Saal“, erinnert sich Turhan. „Es gab Musik, und eine Bauchtänzerin war auch dabei.“ Ähnlich erfolgreich gestaltete der Schriftsteller auch seine Lesung bei „Buch in der Au“, wo ein Mal im Monat Autoren ihre Werke präsentieren, wie bislang etwa Christian Ude, Thomas Lang, Christoph Poschenrieder oder Matt Rees.

„Zu den Buchdamen in der Au gehe ich paar Mal im Monat“, verrät Turhan. „Ich schätze das Persönliche, den Geruch von Papier, Kaffeeduft, das Gespräch, das da Buch gelebt und Autoren empfohlen werden, weil die Buchhändlerinnen die Romane kennen“, ergänzt der Autor, der seine künstlerische Laufbahn als Filmemacher begonnen hat. Sein Streifen „Gone Underground“, für den er den weltberühmten Kameramann Michael Ballhaus gewinnen konnte, erhielt unter anderem den Deutschen Kurzfilmpreis in Silber. „Die Zusammenarbeit mit Ballhaus war ganz normal. Im Vorfeld zu den Dreharbeiten haben wir gemeinsam das Visuelle festgelegt, da durfte ich viel lernen und am Set sowieso“, sagt Turhan. Derzeit schreibt der Autor und Filmemacher an seinem vierten Pascha-Krimi. Er erscheint Ende September, und passend zur Oktoberfest-Eröffnung heißt er „Anstich“.

Die Zukunft sieht Turhan recht optimistisch – er hat Projekte in seinen beiden Genres. Auf den Buchhandel blickt er – auch nach etlichen Lesereisen durch Deutschland – mit Besorgnis und Anerkennung: „Das Buchgeschäft hat mit wahnsinnig viel persönlichem Einsatz zu tun.“ Es gebe jedoch große Sorgen, etwa bezüglich Amazon. „Für mich als Reaktion habe ich auf meiner Website die Verlinkung zu Amazon raus und darum gebeten, sich meine Romane und Hörbücher in der nächsten Buchhandlung zu holen.“ Doch die beiden Buchhändlerinnen Abel und Reisbeck denken noch weiter:„Wenn das Freihandelsabkommen TTIP kommen sollte, und wenn dann die Buchpreisbindung fällt, können kleine Buchläden wie wir dichtmachen.“
Ina Kuegler

In den ersten beiden Folgen unserer Serie „Meine Lieblingsbuchhandlung“ brachten wir „Buch & Bohne“ mit dem Münchner Schriftstellter Christoph Poschenrieder sowie Lehmkuhl mit Hans Magnus Enzensberger.