Ma va a cagar!“ Sicher kennt das Italienische schlimmere Verwünschungen, als diese, mit der Gigi Buffon im Viertelfinale der Champions-League vor kurzem den britischen Referee bewarf, um wütend dessen Darmtätigkeit zu fördern. Doch Mister Oliver zog humorlos Rot, sicher nur deshalb, weil die Torwartlegende nicht britisch geflucht hatte. Das war unverzeihlich, und so nahm das Schicksal auf spanischem Boden seinen Lauf. Gigi schied aus. Der Angloamerikaner bevorzugt bekanntlich beim Fluch die Sexualsphäre, während der Kontinentaleuropäer zum Fäkal greift. Treffen diese Kulturen aufeinander, muss der Schwächere vom Platz.

Aber wir müssen weiter, zur Literatur. Die Sprachverknüpfungen in Europa werden in erster Linie vom Sport vorangetrieben. Die Literatur hinkt hinterher – kaum gemischtsprachige Lyrik, nur zaghafte Ansätze, Prosa in längst alltäglichem Deutsch-Englischem Kauderwelsch zu verfassen. In den meisten Romanen mit Auslandskontakt sprechen selbstverständlich alle Akteure deutsch. Oder die Autoren bedienen sich der Methode des Altmeisters aus Sachsen, der zunächst Arabisch oder Komantschen-Indianisch zitierte und dann, nach Gedankenstrich, die deutsche Übersetzung folgen ließ. „Himme unoso so wui – was willst Du?“ So lernen wir zwanglos die bedeutende Mundart der Nainé-Komantschen, die in Old Surehand Band 1 die Bösen geben. Ach richtig, Karl May! Dem war Europa natürlich nicht genug, er griff zur Integration des „Wilden“ über den Atlantik und kam damit beim deutschen Leser blendend an.

Ansonsten aber werden Fremdsprachen wenn überhaupt, nur verkrampft eingesetzt. In Donna Leons Venedig-Krimi-Epos taucht immer nur der „Commissario“ auf, und der „Vice Questore“, die von der „Questura“ zum „Palazzo“ vielleicht im „Vaporetto“ gleiten, scheue Italienisch-Schatten, die ohne System beliebig eingestreut werden. Da war Thomas
Mann schon von anderem Kaliber. Er konnte über fünf Seiten hinweg seine
kirgisische Clawdia mit deutschem Hans flirten lassen und zwar Französisch pur – wer’s nicht kann, hat eben keine Bildung – Pech gehabt! Doch andererseits: Wir müssen dem Wiener Robert Menasse dankbar sein, dass er in seinem Brüsseler „Die Hauptstadt“-Roman alle Akteure deutsch sprechen lässt – bei all den Griechen, Tschechen Polen und
Belgiern, die sich dort tummeln. Mays Komantschen-Technik wäre ja auch interessant gewesen! Aber, mal ehrlich: Ist doch eigentlich sowieso vollkommen sinnlos, weiterzuschreiben, jetzt, da die Schwedische Nobelpreis-Akademie „zerfallen“ ist (SZ) und „ums Überleben kämpft“ (ARD) Hinter seriösem Vorhang Jahrzehnte des Missbrauchs? Kein Nobelpreis mehr? Niemals?

Da könnte man fast versucht sein, Gigi Buffons Worte nach Stockholm zu schicken, „ma va …“.

W.H.