Dies hier ist sie ohne Zweifel, endlich: Die tiefere Stadt, in der es (gelegentlich) Wunder „als Inhalt hat“ und (vor allem) auch das Manna, das sich beim Arzt und Dichter aus Berlin noch auf Habana reimte – er kannte wohl München nur vom Hörensagen? Und was reimt sich schon auf „München“? Das Manna hat der jetzt scheidende Kultur-Gott Hans-Georg Küppers mitsamt den Stadtrats-Engeln auf das von ihm vor zehn Jahren geborene Literaturfest über die Jahre ganz ordentlich ausgeschüttet, da hat sich keiner beklagt, schon gar nicht der jeweilige Kurator, die Kuratorin, die dazu gehören wie der Säugling zum Taufbecken! 

Ja, so ein Kurator müsste man sein! Der oder die ist ja ein Geschöpf dieses Jahrhunderts, wenn wir nicht irren – zeitlich begrenzt, wahnsinnig volatil mit Tablet, Smartphone und mehreren Handynummern gesegnet, feine Dotierung, toller Job! Man könnte ihn/sie auch für andere Projekte einsetzen – etwa den Gasteig, das Volkstheater! Allerdings: gut „vernetzt“ muss er sein, wofür das „Du“ ganz entscheidend ist. Wer etwa gleichzeitig mit Helmut Schmidt (Politik), Claus Peymann (Theater) und – sagen wir – Nora Gomringer (Lyrik) per du ist und ihre „Nummern“ hat, käme schon mal in Frage – gut, das mit dem Altkanzler müsste jetzt nicht unbedingt sein, weil das Jenseits nicht so sein Ding war, aber im Prinzip, ja, schon.

Deshalb sprießen jetzt auch immer mehr Kuratoren aus dem Boden, das Bild der Pilze drängt sich auf, denn auch sie sollen ja unterm Moos alle heimlich vernetzt sein. In der Ukraine gab es jüngst Wahl-Kuratoren, in den Zoos arbeiten die Affen-Kuratoren und der US-Geheimdienst sendet die seinen voll gepackt mit Wanzen hinaus in alle Welt.

Die Zoo-Kuratoren übrigens stehen haushoch über den herkömmlichen Tierpflegern. Sie haben mindestens ein so feines Gespür für das Sexualleben ihrer Tiere, wie es Ingo Schulze, Kurator für das Literaturfest 2019, für seine Autoren haben muss. Neulich hat sich ein Orang-Utan-Weibchen statt mit dem ranghohen Beckenwülster heimlich mit einem Verehrer aus niedriger Gesellschaftsschicht gepaart. Das führte zu ganz erheblichem Tumult! Der zuständige Kurator hatte gerade Brotzeit gemacht. Was machen Sie jetzt, wurde er gefragt. Nichts macht er, es ist zu spät! Na gut, das ist in Basel passiert, die haben ja noch nicht mal Frauenwahlrecht – oder doch? – Aber wird Ingo Schulze alle diese ausgebufften Literatur-Beckenwülster unter Kontrolle haben und vor allem jene rangniedrigeren Autoren, die sich – man kennt ja die Gerüchte aus der Gruppe 47 – schamlos für jede Autorin zum Affen machen? Freilich, wäre auch Nachwuchs-Zeugung wichtig, aber das soll hier nicht vertieft werden, denn der Kurator dient, wie sagt unser oben zitierter Dichter andernorts, ja keineswegs dem schnöden Glück sondern dem „Gegenglück, dem Geist“, ausschließlich.

W.H.