Literaturpreise, so möchte man sich irren, gibt es in München genug, auch wenn die meisten von ihnen in kleinem Kreis mit kleinem Preisgeld ihre Helden finden. Die wurden bis vor kurzem an grauhaarige, verdiente Dichterinnen und Dichter vergeben, sodass die Chancen für jüngere Lyriker von vornherein schlecht standen, wenn sie nicht schon bei Suhrkamp – und wer hatte das schon … Wie aber wirft man einen neuen Preis, einen Preis mit neuem Ansatz, mit frischen Ideen auf den satten Markt?

Du brauchst schon mindestens drei Zutaten: Raum, Zeit und Eitelkeit – kein Geld? Nicht sofort, also das können wir gleich mal festhalten, Geld ist nicht das Wichtigste – es ist die Zeit, die man hineinstecken muss, und eine gute Messerspitze Eitelkeit, die sich nicht in Selbstverliebtheit verliert. Zum Beispiel: Der „Lyrikpreis München“ – so wurde eine neue Prämie anno 2010 genannt, die seitdem viermal verliehen wurde. Sein „Alleinstellungsmerkmal“: Er ist der einzige Wettbewerb in Deutschland, der in mehreren (2-3) öffentlichen Veranstaltungen die Kandidaten aussiebt und die „Vorrundensieger“ dann in einem Finale antreten lässt. Die Qualität der Texte verblüfft. Teilnehmer finden sich in anerkannten Internet- und Lyrik-Zeitschriften, so etwa der Finalist von 2011, Sascha Kokot, 31, in der jüngsten Ausgabe der „Akzente“, einige kamen in die engere Auswahl beim Leonce-und-Lena-Preis, dem deutschen Lyrik-Ritterschlag.

Das Münchner Literaturbüro (MLB) mit Stein Vaaler, Kristian Kühn und Hans-Karl Fischer suchte 2008 zunächst Mitstreiter und Sponsoren etwa bei der Stadt München, aber die winkte ab. Schon der Name „Münchner Lyrikpreis“ gefiel nicht, weil der Preis ja nicht von der Stadt gestiftet wurde, gilt allerdings auch für die Weißwurst, die sich dennoch „Münchner“ nennen darf, aber das ist ja eben: etablierte Wurst. Ein frischer Lyrikpreis dagegen darf „München“ nur hinten tragen. Also „Lyrikpreis München“. Der bat erstmals im Frühjahr 2010 Autoren ohne Alters- und Themengrenzen per Internet-Ausschreibung in die Milchstraße 4 zu Vortrag und Diskussion. Zunächst hatte eine „Vorjury“ aus etwa 100 Einsendungen die sechs besten Texte herauszupicken. Dann kamen die Vorrunden. Dann das Finale. Alljährlich. Eine fachlich versierte Jury aus Sprach-Professoren und Medienprofis zu finden, deren Mitglieder belastbar und diskursfreudig sind – das allerdings ist, neben dem „Aussieben“, noch immer die härteste Arbeit.

Und das liebe Geld? Sponsoren kommen und gehen, mal eine Bank, mal ein Anonymus – ein „Gschmackerl“ hat der Beitrag von 10,- Euro pro Teilnehmer, der aber gerade mal ausreicht für Anreise- und notfalls Übernachtungskosten von Juroren und Dichtern. Deshalb: Es ist nicht wichtig, aber der erste Preis mit 1.000,- Euro sucht nach einem Scheich, der ihn verdreifacht, mindestens, denn Dichter fliegen gerne hoch und weit – das kostet!
W.H.