Max Scharniggs neuer Roman „Der restliche Sommer“

Von Ursula Sautmann

Paul und Sara sind (nicht mehr ganz) frisch verliebt, Tin und Sonja sind (nicht mehr ganz) frisch getrennt. Max Scharnigg beschreibt in seinem soeben erschienenen Roman beide Seelenzustände gleich leicht und leicht schräg. Die vier Protagonisten müssen sich neu orientieren. Dabei stellen sie sich höchst unterschiedlich an. Die Männer sind am Ende eher bedauerlich, die Frauen eindeutig lebenstüchtiger. Kein Triumphgefühl, bitte, denn sie haben es in diesem Buch eher dem Zufall zu verdanken, dass sie am Ende besser dastehen; im wahren Leben ist das meist ganz anders. 

„Der restliche Sommer“ handelt von Beziehungen, wie sie Menschen um die 40 so eingehen und wieder hinter sich lassen, wenn sie recht gut situiert sind und keine Verantwortung für andere haben. Das ist gut beobachtet und noch besser formuliert. Langweilig wird es in diesem Roman nicht, auch wenn das Personal meist nahe am Klischee bleibt. Scharnigg verfügt über einen charmanten Wortschatz und -witz, baut unerwartete Wendungen ein und bedient sich liebevoller Ironie, da lässt sich der Leser leicht verführen und lächelt vor sich hin, wenn ein feingeistiger Kolumnenschreiber am Alltag scheitert und eine Beraterin in Lebens- und Liebesfragen ihre persönlichen Erfahrung gerade allzu offensichtlich zu Allgemeingut erklärt und damit auch noch erstaunlichen Erfolg hat.

Unbedingt lesenswert ist das Buch für alle, deren Beziehung gerade nicht rundläuft – also für fast alle. Unbedingt zu empfehlen ist auch, es im Liegestuhl am Strand, auf der Terrasse eines Cafés oder im Wartesaal eines Krankenhauses (in einer nicht wirklich ernsten Angelegenheit) zu lesen, denn genau da, im öffentlichen Raum, kann es passieren, dass Paul oder Tin,  Sara oder Sonja oder sogar Wulfstedt, der Strippenzieher, höchstpersönlich vorbeilaufen.

Max Scharnigg wurde 1980 in München geboren und hat sich einen Namen gemacht als Schriftsteller  (zuletzt „Vorläufige Chronik des Himmels über Pildau“), als Kolumnenschreiber und Journalist
(u. a. für die SZ) wie auch als Sachbuchautor mit der Angelphilosophie „Die Stille vor dem Biss“. 2010 wurde er für den Ingeborg-Bachmann-Preis nominiert.

Max Scharnigg.
Der restliche Sommer
239 Seiten
Hoffmann und Campe, Hamburg 2018
20 Euro