Oda Schaefers Leben zwischen Emanzipation und Tradition

Von Ursula Sautmann

Wir sind Amazonen durch Zwang, nicht mehr durch eigenen Willen“, schrieb Oda Schaefer in ihrem Manuskript „Glanz und Elend der Emanzipation“ (Signatur M 62), das sich in ihrem Nachlass im Literaturarchiv der Monacensia befindet. Sie konnte schreiben und sie wollte schreiben. Aber sie musste auch schreiben, für wenig Geld, von Auftrag zu Auftrag und für den Lebensunterhalt auch ihres Mannes.

Oda Schaefer lebte von 1900 bis 1988. Sie wurde geboren in Berlin, als Kind baltischer Eltern. Der Vater, ein Journalist, der gern Schriftsteller geworden wäre, brachte sich 1918 um. Oda Schaefer besuchte eine private Kunstgewerbeschule, heiratete 1923, bekam einen Sohn 1924 und wurde ein Jahr später geschieden. Sie begann zu schreiben: Gedichte und impressionistische Naturschilderungen, kleine Prosa für Zeitungen und Zeitschriften. 1931 ließ sie sich mit dem Schriftsteller Horst Lange in Berlin nieder und heiratete 1933 ein zweites Mal. Das Paar hielt sich mühsam über Wasser, „herrlich frei, aber völlig ungesichert“ („Mein Leben, meine Arbeit“, M 89). Bereits 1933 ließ sie sich in die Reichsschrifttumskammer aufnehmen und konnte so publizieren. Eine Sammlung von Gedichten und Balladen erschien 1939 unter dem Titel „Die Windharfe“. Sie war nicht Mitglied der NSDAP.

Der Sohn starb im Krieg, Horst Lange wurde schwer verwundet, 1945 wurde das Paar ausgebombt. Die Ehe litt bis zum Tod Langes 1971 unter den schweren physischen und psychischen Verletzungen des Schriftstellers, seinem Alkoholismus, seinen gewalttätigen Ausfällen und seinen Eskapaden in die Prostitution. Oda Schaefer schrieb ununterbrochen Gedichte, Rezensionen und kleine Prosastücke für Feuilletons und Rundfunk, für Sammlungen wie „Die Haut der Welt“, „Ladies only. Von der Kunst Dame zu sein“, „Und fragst du mich, was mit der Liebe sei … Oda Schaefer antwortet auf eine unbequeme Frage“. Ihre Lebenserinnerungen erschienen in zwei Teilen: In „Auch wenn Du träumst, gehen die Uhren“ (1970) beschreibt sie sich im Rückblick auf die Zeit des Nationalsozialismus als „innere Emigrantin“, im zweiten Teil „Die leuchtenden Feste über der Trauer“ (1977) widmet sie das letzte Kapitel dem Tod ihres Mannes.

Die Autorin war nach 1945 erfolgreich, erhielt zahlreiche Preise. Die „Kahlschlagliteratur“ der Gruppe 47 lehnte sie entschieden ab, partizipierte indessen, gestützt auf Wortgewandtheit und Recherchefleiß, am katholischen Konservatismus der Nachkriegszeit. Im Januar 1962 schrieb sie an ihre Freundin Hertha Bielfeld: „Zwischen uns herrscht doch das gleiche Niveau der Herkunft, ein gewisser kapriziöser Stil, der meines Erachtens seit dem 18. Jahrhundert vor allem beim Adel im Schwange war.“ (B 448) Zeitlebens blieb ihr Traum der Salon geistvoller Damen; Frauen mögen regieren, aber unsichtbar. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte sie in einem Münchner Wohnstift, den Freiplatz hatte ihr Eberhard Horst besorgt, ebenso ein monatliches Entgelt aus dem Sozialfonds der VG-Wort.

Die Quellen für Oda Schaefers Leben sind verstreut in zahlreichen Archiven und Bibliotheken. Ihr Nachlass im Literaturarchiv der Monacensia umfasst 33 Kassetten mit über 3.500 Briefen von und an Oda Schaefer, 214 Manuskripten (zusätzlich 57 anderer Autoren), elf biographischen Dokumenten und 90 Fotos. Briefe und Manuskripte geben Einblick, wie hart sie ihr Leben manchmal fand, wie sie kämpfen musste – und wie ungnädig und giftig sie werden konnte gegen eine neue Generation junger Frauen.

Aus literarischer Sicht ist das Werk Oda Schaefers zu Recht weitgehend vergessen. Als Zeugnisse eines Frauenlebens über fast ein Jahrhundert und zwei Weltkriege hinweg sind ihre Schriften unersetzlich. Einen guten Überblick über ihr Leben und ihr Werk gibt Monika Bächer in „Oda Schaefer (1900-1988)“, erschienen 2006 im Aisthesis Verlag.