Ein Raum für Frauen
Lillemor’s Frauenbuchladen und Galerie – die Lieblingsbuchhandlung von Luisa Francia

Unverkennbar der Schriftzug im Ladeneinerlei der Barerstraße. Lillemor’s. Darunter Frauenbuchladen und Galerie. Tritt man ein, bleibt der Blick gleich hängen an einer großen grünen Fläche über der Ladentheke. Kein Bild, einfach nur grün. „Es beruhigt“, sagt Uschi Neubauer. Seit 1979 gehört sie dazu, ist fast eine der Gründungsmütter von Lillemor’s, dem ersten Frauenbuchladen in der Bundesrepublik. Er wurde am 3. November 1975 in München eröffnet. Viele folgten, etablierten sich im Zuge der Frauenbewegung in fast allen westdeutschen Großstädten, aber nur wenige sind übrig geblieben. Lillemor’s hat standgehalten, feiert jetzt sein 40jähriges. Hat mit feministischer Literatur Durchhaltevermögen gezeigt, mit konstanter Kompetenz sich auf Literatur weiblicher Autoren und Sachbücher mit frauenspezifischem Inhalt spezialisiert. Wurde deswegen sogar für den heuer erstmals ausgelobten Deutschen Buchhandlungspreis nominiert als „unverzichtbar für die Vielfalt unserer Buchkultur“, wie es in der Ausschreibung heißt. „Ja“, sagt Kollegin Andrea Gollbach, „so gesehen haben wir alles richtig gemacht. Aus dem einfachen Grund, weil es uns noch gibt.“

„Woanders würde ich meine Bücher auch nicht kaufen“, bekräftigt Luisa Francia, Schriftstellerin, Malerin, Filmemacherin und Kundin von Anfang an. „Hier hatte ich mein großes Aha-Erlebnis. Bei einer Lesung von Verena Stefan, die ihren Roman „Häutungen“ vorstellte. Gleich zu Anfang sagte sie, dass sie sich nicht wohl fühle, da sie ihre Menstruation bekommen habe. Dass eine Frau sich so offen äußert fand ich sagenhaft. Und dass es dafür einen Raum gab, war etwas Großartiges.“

Diesen Raum zu bewahren ist das Anliegen von Neubauer und Gollbach. Mit Frauen über Frausein reden kann hier wunderbar geschehen, derartige Erfahrungen machen sie immer wieder. Gleichzeitig möchten sie mit ihren Büchern das Interesse für den Blick von Frauen auf Literatur, Kunst, Wissenschaft, Politik fördern. Verändert hat sich das im Laufe der Jahre nicht sehr, auch wenn das Pendel derzeit zu Ungunsten des Feminismus ausgeschlagen hat, Frauenkultur wieder viel zu unsichtbar geworden ist. Die Themen sind die gleichen geblieben. Der Schwerpunkt ist nicht mehr nur vorwiegend politisch, das Sortiment literarischer, das Angebot von Krimis größer, von Büchern über Kunst breiter. Mehr als 4000 Titel zu frauenspezifischen Themen sind auf Lager. Eine solche Fülle mag man dem kleinen gemütlichen Laden in der Barerstr. 70 gar nicht zutrauen. Keineswegs sind die Wände vollgestellt mit Regalen, es ist immer noch Platz für Bilder, denn dem Anspruch einer Galerie möchte man auch nachkommen. Regelmäßig finden Ausstellungen statt, so oft wie möglich eine Lesung, dann sind die Kapazitäten ausgeschöpft.

Viele ihrer Bücher hat Luisa Francia hier schon vorgestellt. Bei Wikipedia steht, sie beschäftige sich mit den Themen Hexen, Tarot, Horoskopdeutung, Göttinnen, weiblicher Schamanismus, häufig im Ratgeberstil. „Aber“, betont sie, „ich schreibe meine Bücher, um den weiblichen Raum zu erspüren und auszudehnen. Nicht um Frauen zu therapieren, sondern im Grunde für mich selber. Ich bin eine Frau. Ich will, dass Frauen respektiert werden, und ich will dazu beitragen, dass Frauen sich bestärkt fühlen.“ Ihr nächstes Buch mit dem provozierenden Titel „Wer nicht alt sein will, muss vorher sterben“ handelt vom Altwerden, ihrer Meinung nach ein großes Frauenthema. Die Frauen werden älter als die Männer, das Pflegen ist meistens ihnen überlassen. Francia will einen Weg zeigen, wie Frauen das heute anders gestalten könnten. Spiritueller, selbstbewusster, schöpferischer. Eine spannende Lektüre.

Welche anderen Wege eine kleine spezialisierte Buchhandlung in den Zeiten der Online-Konkurrenz gehen kann, beschreiben Uschi Neubauer und Andrea Gollbach so: „Wir durchforsten die Verlage nach für uns interessanten Titel. Wir stellen jede Woche auf unserer Webseite vier Bücher vor, die wir besonders empfehlen möchten. Unser Katalog im Internet beinhaltet mittlerweile 24.000 Titel mit frauenspezifischem Inhalt, aber nicht nur. Wir bestellen alle Bücher und haben sie 24 Stunden später vorrätig. Wir beraten individuell und fächern das Interesse vielfältiger, als es Amazon tut mit ‚Das hat einen ähnlichen Inhalt und wurde auch gekauft …‘ Das fördert nur den Geschmackseinheitsbrei, nicht den Forschergeist für Neues, Unbekanntes. Wir sind eine Nische in der Welt der Buchhandlungen, aber ohne solche Nischen gäbe es uns nicht.“

Katrina Behrend Lesch

P.S.
In unserer Serie „Meine Lieblingsbuchhandlung“ stellten wir bislang Buch und Bohne mit Christoph Poschenrieder vor, die Buchhandlung Lehmkuhl mit Hans Magnus Enzensberger, Buch in der Au mit Su Turhan, Literatur Moths mit Thomas Jonigk und Christof Loy und die Autorenbuchhandlung mit Albert Ostermaier.