Unter jedem Dach wohnt ein Ach – und da wird’s wohl noch eine Zeitlang bleiben. Vor allem die bedauernswerten Makler müssen dies gerade wieder erfahren, wenn sie berühmte Dichter-Villen verscherbeln wollen.

Keiner will sie haben, die von Ruhm und Genius getränkten Mauern. Es winkt sofort der Denkmalschutz, es drohen die Feuilletonschreiber über jeden Privatier herzufallen, der es wagt, zu kaufen, aber kein Museum darin zu errichten, sondern es sich einfach gemütlich darin zu machen, Kinder zu zeugen, einen Dobermann zu halten und all das.

Die Flucht-Villa des Erfolgsautors E. M. Remarque („Villa Monte Tabor“) in Ascona am Lago Maggiore steht nun schon seit drei Jahren zum Verkauf für etwa sechs Millionen Franken und wird vom Käufer – sollte er sich finden – wahrscheinlich abgerissen, um den Baugrund zu „optimieren“. Eine Spendenaktion seiner Geburtsstadt Osnabrück brachte nicht mehr als 10.000 Euro. Auch die klassizistische Münchner Paul-Heyse-Villa, Luisenstr. 22, ist in privater Hand und soll „saniert“ werden – das ist meist das Ende. Und dann natürlich dieses „Anwesen“ 1550 San Remo Drive bei Los Angeles, wer kennt es nicht! Thomas Manns Villa, der dort nicht nur lebte, sondern Hof hielt. Mindestens der „Doktor Faustus“ ist dort entstanden, Teile des „Felix Krull“, der Josefsromane, und es müsste doch mit dem Teufel zugehen, wenn man dort nicht doch noch eine Spur seines Geistes erhaschen könnte. Was sind da schon 15 Millionen, Dollar oder Franken oder Euro, „die Bundesregierung müsste nur zugreifen“, titelt die Süddeutsche Zeitung am 9. August, so griffig wie ahnungslos.

Konnte sie ja noch nicht wissen, dass es einen Mäzen im bayerisch-österreichischen Grenzgebiet gibt, und schließlich ist es ja Kultur, und Kultur ist Ländersache, also wer, wenn nicht Markus Söder? Falsch – bisher hat er sich diese Profilierungschance entgehen lassen, der Finanzminister – Mensch Söder, was ist los? Aber unser Kandidat kommt ja aus einer ganz anderen Ecke, hat er doch ehrenamtlich und diskret über fünf Millionen Euro bekommen für elegante Arbeit um den Fußball, um das Sommermärchen 2006, Franz B., Liebling der Götter, wir deuten es nur an, hat noch nicht zugesagt, ist aber vorgemerkt! Sicher, das wäre nur ein Einstieg, ein Anstoß, aber dem könnten viele folgen, Platini etwa, Blatter oder auch – ja warum nicht, die Fürstin von T. und T.? Oder die Verleger der SZ?

Es wird, man ahnt es schon, wieder nichts werden; wir, die Jünger des erlesenen Wortes, werden uns mit dem Frauenplan in Weimar, der Finca Vigia bei Havanna oder dem Hermann-Hesse- Haus am Bodensee zufriedengeben müssen, werden Goethes Bücher hinter Glas stehen, Hemingways Kappe auf dem Bett liegen sehen und uns mit Rilke trösten, „wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr“. Er hatte, soweit bekannt, nie eins – was gäbe das sonst für einen Aufstand!