Das „Literaturportal Bayern“ will neue Leserkreise erobern / Gründung vor fünf Jahren

Von Antonie Magen

Literaturportal Bayern“ – der Name scheint schon alles zu sagen, und in der Tat werden unter der Adresse www.literaturportal-bayern.de/ seit fünf Jahren Informationen zur bayerischen Literatur virtuell vereinigt. Inhaltlich und technisch betreut wird das Portal von der Bayerischen Staatsbibliothek, unterstützt vom Bayerischen Staats-
ministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst. Diese nüchterne Definition greift aber deutlich zu kurz. Denn das „Literaturportal Bayern“ ist weit mehr als nur ein Internetauftritt. Sein fünfter Geburtstag gibt Anlass zu fragen: Was ist es noch? Was war es? Was ist es geworden?

Bevor Bayern online ging, hatten bereits andere Bundesländer Literaturportale ins Netz gestellt. Einschlägige Angebote machten Hessen, Westfalen, das Saarland und natürlich Berlin-Brandenburg, das seit 2006 den „Literaturport“ betreibt, der bis dato umfangreichsten und in mancherlei Hinsicht vorbildlichen literarischen Plattform. In Bayern hingegen gab es bis in die zweite Hälfte der Nullerjahre hinein noch keinen adäquaten Auftritt. 2008 machten sich die Bayerische Staatsbibliothek und die Monacensia daran, diesen Mangel zu beheben. Die Vorgeschichte des „Literaturportal Bayern“ begann, und zwar mit einer einfachen Datenbank. Enthalten waren in ihr kurze Biogramme von ca. 300 bayerischen Autoren. In einem zweiten Schritt kam ein virtuelles Literaturarchiv hinzu, in dem mittlerweile etwa 1600 literarische Nachlässe in Bayern kooperativ nachgewiesen sind. Als letztes wurde der Literaturblog angegliedert. Mit diesen drei Bereichen war das Literaturportal geboren, das am 16. Juli 2012 schließlich online ging.

Die drei Kernmodule gibt es immer noch; erweitert wurden sie in der Zwischenzeit durch die Komponenten „Zeitschriften“, „Literaturland“, „Themen“, „Institutionen“, „Preise & Förderungen“ sowie „Kalender & Festivals“. Sie alle erfüllen unterschiedliche Aufgaben, die allein schon die vielfältige Gestalt des Literaturportals unter Beweis stellen: Während die „Autoren“-, „Nachlass“-, „Zeitschriften“- und „Institutionen“-Module in erster Linie lexikalisch ausgerichtet sind und die klassischen Pflichten literarturwissenschaftlicher Nachschlagewerke wahrnehmen, hat das Blogmodul kommunikativen Charakter, insofern als es z. B. literarische Veranstaltungen kommentiert, über die wichtigsten Neuigkeiten in der bayerischen Literaturlandschaft informiert, aber auch Textproben ausgewählter AutorInnen der Öffentlichkeit zugänglich macht. Abgeschlossene Blogreihen, beispielsweise zu Ludwig Thoma, zur Mundartlyrik oder zum Webcomic-Roman, werden z. T. im „Themen“-Modul archiviert, womit dieses (wie auch das „Literaturland“-Modul) dem literarischen Feuilleton sehr nahe kommt: Hier finden sich weitere Geschichten aus der bayerischen Literatur, z. B. zum Oktoberfest, zur Künstler-Sommerfrische oder zu schreibenden Frauen im Ersten Weltkrieg. Eine mehr praktische Funktion haben die Bereiche „Preise & Förderungen“ sowie „Kalender & Festivals“, die Programmübersichten bieten und – im Gegensatz zu dem auch literarhistorisch ausgerichteten Dokumentationsteil – fest in der Gegenwart des Literaturbetriebs verankert sind.

Darüber hinaus versteht sich das Literaturportal als multimediales Experimentier- und Transformationsmedium, in dem Inhalte aus klassischen Printmedien überführt werden, um sie online neuen Leserkreisen zugänglich zu machen. So werden manche Aufsätze – zusätzlich zur Printversion, die über das Literaturportal als pdf heruntergeladen werden kann –, als Fassung angeboten, die für die Lesegewohnheiten des Internets aufbereitet wurde. Aus demselben Grund verbreitet das Literaturportal seine Inhalte auch über die sozialen Medien Facebook und Twitter; es hat auch einen eigenen RSS-Feed und Newsletter. Aber nicht nur das klassische Printmedium versucht es zu integrieren, sondern auch den audiovisuellen Bereich; beim Literatur Radio Bayern betreibt es einen eigenen Kanal: https://www.machdeinradio.de/kanal/literaturportal-bayern/.

Was auf den ersten Blick nicht unbedingt erkennbar ist, ist der Umstand, dass das Literaturportal auch im analogen Raum aktiv ist. So organisiert es, gemeinsam mit der Buchhandlung „Lost Weekend“ in der Schellingstraße oder der Künstlervereinigung „Seerosenkreis“, Lesungen und Podiumsgespräche mit Schriftstellern. Es geht mit Lesungen und Diskussionen zum Thema Fremdenfeindlichkeit in die Schulen, bereitet selbstkonzipierte Unterrichtseinheiten vor, um der nächsten Generation die bayerische Literatur nahezubringen, und hat sich durch den „Netzroman“ Der gefundene Tod von Thomas Lang auch als Auftraggeber für experimentelle literarische Texte betätigt.

Verknüpfung und Vernetzung sowohl im digitalen als auch im analogen Bereich sind somit die Grundprinzipien des „Literaturportal Bayern“. Es setzt auf institutionelle Kooperationen (neben den bereits genannten sollten noch erwähnt werden: Literaturhaus München, Literaturschloss Edelstetten, Arbeitsstelle für Literatur in Bayern der LMU, Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg) sowie auf zahlreiche Beiträge von Einzelpersonen und hat experimentellen Charakter. Es ist in gleicher Weise literarisch wie literaturwissenschaftlich und feuilletonistisch orientiert und hat bei der Google-Suche längst die älteren Auftritte der anderen Bundesländer überholt.

Ausgedrückt wird das alles in assoziationsreicher Form im Claim des Literaturportals „das Blaue vom Himmel“, jenem Motto, das als himmelblauer und wellenförmiger Schriftzug der sachlichen Bezeichnung „Literaturportal Bayern“ beigegeben ist. Das Blaue vom Himmel ist – neben allem anderen – eben auch das Gelbe vom Ei, von allem das Beste.

Zum Feiern hat das Literaturportal eigentlich keine Zeit. Seine ganze Aufmerksamkeit und Kraft sind auf die Aufgaben gerichtet, die es sich für die nächste Zukunft vorgenommen hat: Die Erneuerung des Auftritts für mobile Endgeräte sowie die weitere inhaltliche Anreicherung der einzelnen Module. Bis Ende des Jahres 2017 soll allein das Autorenmodul rund 1000 Einträge umfassen. In größerem Rahmen wird dann vielleicht zum zehnten Geburtstag gefeiert. Wo mag das Literaturportal dann stehen? – Es bleibt spannend. Wir wünschen ihm für die nächsten fünf Jahre weiterhin gute Entwicklung.