Jetzt, da der Pulverdampf der Salutschüsse sich verzogen hat vom 100. Geburtstag des vermeintlichen Politikers F. J. Strauß, wird uns schmerzlich bewusst, wie wenig FJS doch als großer Lyriker gewürdigt worden ist! Dabei enthält sein brillanter Vers „Eher gehe ich Ananas / Züchten in Alaska, als / Bundeskanzler zu werden“ Witz und Sprache moderner Poesie im Kern, in nuce, wie er gesagt hätte. Vorbei, vorbei, die Bundeskanzler-Sache war sein Flop und damit auch die Poesie.

Damit locker umzugehen ist nicht jedes Dichters Stärke. Bei manchem ist gerade der Erstling genial – bei anderen dagegen ein Flop. Remarque etwa hielt seinen Erstgeborenen „Die Traumbude“ noch nach Jahrzehnten für „einen Grund zum Selbstmord“. Sein Verlag Ullstein hat ihn wunschgemäß schnell aufgekauft und einstampfen lassen, da man nicht wollte, dass ein Schatten auf den Autor von „Im Westen nichts Neues“ fiel. Sein Nachfolger Uwe Tellkamp warnte die Zeitungsredaktionen selbst vor seinem Erstling „Der Hecht, die Träume und das Portugiesische Café“, das sein Erst-Verlag gegen des Autors ausdrücklichen Willen erneut auflegte – es nützte nichts, ein Desaster. Der „Beat-Poet“ Wolf Wondratscheck, Ex-Münchner und in den 7oern gerühmt für Gedichte und kurze Prosa, versuchte sich vor 25 Jahren mit einem dicken Roman-Flop, „Einer von der Straße“ – den wollte leider niemand lesen. Vor kurzem hat er es wieder mit einem Roman versucht. Wer in Deutschland reussieren will, muss etwas Dickes vorlegen und Zehntausende davon verkaufen! Hans Magnus Enzensberger, Ex-
Castro-Amigo, hat das Thema bei den Hörnern gepackt und vor drei Jahren ein Büchlein („Meine Lieblings-Flops“) vorgelegt, in dem er seine vermeintlichen Flops vermeintlich locker aufzählt. Man könnte vorsichtig fragen, wo denn eigentlich sein Top bleibt, eben das ganz Dicke, mit dem man hierzulande unter den Bestsellern landen muss – denn ohne wirkliche Tops interessieren eitle Flops null.

Ob Flops auch den ganz Großen unterlaufen? Sicher doch – jeder von uns kennt da was, weiß da was, doch wir breiten den Mantel der Liebe … Goethe konnte sich vor seiner Reise nach Italien durchaus unbefriedigt zu seinen bisherigen Weimarer Jahren äußern. Thomas Mann wog im Alter seine Lebens-Produktion kritisch ab. Einen echten Flop hätte aber keiner der Meister in seinen Werken gefunden. Diese Künstler haben ja offenbar etwas, das sie anderen überlegen macht. „Jeder Meister fällt vom Himmel“ – eine böse Erkenntnis , die dem Komponisten Hans Pfitzner zugeschrieben wird; ist der Ausspruch vielleicht selbst ein Flop, oder doch eine süße Ananas, aus Alaska oder sonstwo vom Himmel gefallen, in die es sich lohnt , vorsichtig, langsam enträtselnd hineinzubeißen? WH