Literaturfest München vom 18. November bis 6. Dezember

Zum sechsten Mal lädt München zum Literaturfest ein. Literaturfest – das ist: das forum:autoren, ein literarisch-experimentelles Programm, das jedes Jahr von einem anderen Kurator gestaltet wird und in verschiedenen Lokalitäten stattfindet; ein hochkarätig besetztes Festprogramm im Literaturhaus sowie die 56. Münchner Bücherschau im Gasteig mit Lesungen internationaler Autoren und tollen Kinder- und Familienaktionen.

Das „forum:autoren“ wird dieses Jahr von dem Münchner Schriftsteller Albert Ostermaier kuratiert. Thematisch dreht sich in seinen Veranstaltungen alles um Flucht, Exil und die aktuelle Asylpolitik. front:text heißt sein Motto, in Anspielung auf die EU-Grenzschutz-Agentur Frontex. Diese habe gerade in den Tagen, als er den Auftrag des Münchner Literaturfests annahm, das italienische Seenot-Rettungsprogramm Mare Nostrum abgelöst, erzählt Ostermaier. Im Gegensatz zu dieser Politik des Grenzenziehens sei die Literatur Grenzüberschreitung: „Literatur öffnet und zieht keine Mauern.“

Dementsprechend kommen die Gäste des forum:autoren aus aller Welt. Sie sind Flüchtende, Exilanten und Autoren, die sich mit Krisen- und Bürgerkriegsgebieten auseinandergesetzt haben. In den Lesungen und Diskussionen, Poetry Slams und Schreibwerkstätten geht es um Fragen, wie sich Künstler und Intellektuelle mit Kriegen und Flucht auseinandersetzen. Wie reagiert die Politik? Was kann die Gesellschaft und jeder Einzelne tun?

Ostermaier schließt neue Formate ein: In Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut hat front:text Autoren in Konfliktregionen geschickt, damit sie erzählen, wie sie die Zustände dort erleben („Autorenreisen“, 22.11., Literaturhaus). Unter dem Titel „Die Hoffnung im Gepäck“ werden fünf Tage lang Geflüchtete und Autoren „Fluchtgeschichten“ vortragen, moderiert von Studierenden der interkulturellen Literatur- und Sprachwissenschaft. Außerdem gibt es Partys mit DJs aus aller Welt, denn „die Wirklichkeit muss getanzt werden“ , und in einem Fußballspiel werden sich ein Autoren- und ein Flüchtlingsteam zwischen zwei Toren gegenüberstehen.

Als prominente Gäste lesen und diskutieren unter anderem Salman Rushdie (am 19.11. im Cuvillés-Theater), Martín Caparrós (am 20.11. im Instituto Cervantes), Ilija Trojanow (am 23.11. im Ampere), Narwid Kermani (am 26.11. in den Kammerspielen) und Zeruya Shalev (am 27.11. im Ampere).

Das Literaturhaus lädt zu einem Fest-Programm mit Lesungen berühmter Autoren ein. Unter den Gästen sind: Umberto Eco, Anne Enright, Tanja Kinkel, Adolf Muschg, Rüdiger Safranski und Feridun Zaimoglu. Am letzten Festival-Wochenende, dem 5. und 6. Dezember, findet im Literaturhaus der Markt der unabhängigen Verlage „Andere Bücher braucht das Land“ statt. Begleitet wird der Büchermarkt von einer Comic-
Reportage-Ausstellung und Ständen mit druckgraphischen Werken und buchkünstlerischen Editionen.

In der 56. Münchner Bücherschau im Gasteig sind über 20.000 Neuerscheinungen aus den Bereichen Sachbuch, Belletristik, Kinder- und Jugendbuch ausgestellt und können dort täglich von 8 bis 23 Uhr angeschmökert werden. Ein besonderes und noch dazu kostenloses Ereignis sind die im Ausstellungsfoyer stattfindenden Autorengespräche auf dem Bayern 2-Diwan, immer werktags von 18 bis 18:30 Uhr. Moderatoren des Bayerischen Rundfunks unterhalten sich unter anderem mit Salman Rushdie, Jenny Erpenbeck, Judith Holofernes, Feridun Zaimoglu und Paul Maar über deren neue Bücher.

Passend zum Themenschwerpunkt Flucht und Exil hat Kurator Thomas Kraft unter anderen vier kanadische Autoren eingeladen – Kenneth Bonert, Mariko Tamaki, Madeleine Thien und Kim Thúy –, deren Lebenswege und Geschichten von Krieg, Gewalt und Migrationserfahrungen geprägt sind. Außerdem kommt der senegalesische Autor Abasse Ndione, dessen Buch „Die Piroge“ über die Reise in einem Flüchtlingsschiff mehrfach preisgekrönt und verfilmt wurde.

Im Rahmen des Literaturfests werden außerdem zwei Preise vergeben. Mit dem Geschwister-Scholl-Preis zeichnen die Stadt München und der Landesverband des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels jedes Jahr ein Buch aus, das von Mut und geistiger Unabhängigkeit zeugt. Dieses Jahr geht der Preis an den aus
Kamerun stammenden Historiker und Philosophen Achille Mbembe. Mit seiner „Kritik der schwarzen Vernunft“ hat er, laut Jury, nicht weniger als eine Neuvermessung der Geschichte des Kapitalismus und der Globalisierung vorgelegt. Die Auszeichnung ist mit 10.000 Euro dotiert. (30.11 in der LMU)

„Der Preis für einen bayerischen Kleinverlag“ wird dieses Jahr an den Münchner Sieveking Verlag verliehen. Damit würdigt das bayerische Kunstministerium den 2013 gegründeten Kunstverlag für sein großes und detailreiches Spektrum der bayerischen Kunst- und Kulturszene.

Simone Kayser