Asche geht eigentlich immer. Im Kontext mit Dichtern oder Songwritern aber ganz besonders, denn ihre „Konnotation“, wie das so schön heißt zu Trauer, Buße, Ende, Tod beflügelt die Poesie. Neben Liebe und Liebesschmerz gibt es, im Winde klirren die Fahnen, kein Thema, das häufiger anklingt, oder wie Heine trefflich singt „Ach das Ende ist so trübe/Nach der holden Liebesnot/kommen Nöte ohne Liebe/Nach dem Leben kommt der Tod.“

November schon wieder. Kälte, Finsternis, Allerseelen, und so kann es nicht verwundern, dass jedermann die Asche von T. C. durch den Kopf geht – von Truman Capote, angeblich in L. A. versteigert, angeblich für 24.000,- oder 35.000,- US-Dollar. Truman, 1984 mit 59 Jahren einsam gestorben, konnte sehr kurzweilig schreiben, hat uns unter anderem Holly Golightly hinterlassen, die natürlich nie bei Tiffany’s gefrühstückt hat, und deren Verschwinden rätselhaft blieb, ähnlich der Asche Truman Capotes. Daneben hinterließ er jede Menge Gesellschaftstratsch aus den 70er Jahren, in denen er als Enfant terrible die Schönen und Reichen New Yorks durch den Kakao zog. Mit Asche hatte Capote genau genommen nichts am Hut – ganz anders als David Bowie, der damit („Ashes to Ashes …“) binnen Wochen die Charts in den USA eroberte, aber T. C.s dunkle Reste liegen jetzt in irgendeinem Schuppen oder Wohnzimmer, unbeachtet von aller Welt, ohne Blumen, ohne Glamour. Das hat er nicht verdient. Asche ist ein Irrweg.

Und ja, jetzt kann man das endlich mal deutlich sagen: früher hätte es das nicht gegeben! Früher, da gab es nämlich nicht einmal diese schreckliche Feuer-bestattung, im Gegensatz zur Feuertaufe, auf in die Schlacht, das gab es andauernd, aber das lassen wir jetzt lieber mal. Also diese Krematio, die gefiel dem Vatikan überhaupt nicht, denn wie sollte man sich denn da am Jüngsten Tag wieder begegnen, leiblich bitte schön? Papst Leo XIII. machte anno 1886 damit Schluss. Und dabei blieb es auch, bis 1963 (Benedikt der Strenge hatte unseligerweise noch nichts zu sagen, Edmund der Eifrige auch nicht) Paul VI plötzlich die Feuerbestattung wieder erlaubt hat – wohl, wie man munkelt, auch deshalb, weil er andererseits die „Pille“ kurz danach verbieten wollte und damit den katholischen Bundesländern Bayern und Italien half, ihren Überschuss an
katholisch Getauften zu erhalten.

Damit brachen, klar, auch in L. A. die Dämme, und der arme T. C. wurde anno 1984 rücksichtslos verbrannt. Seine Leiche, genauer gesagt. Welcher literarische Unsinn mit „Asche“ angestellt wird, zeigt sich auch an dem vor 20 Jahren erschienenen Werk Frank McCourts über seine katholische Kindheit, „Die Asche meiner Mutter“ – 500 Seiten lang sucht der Leser vergeblich nach der Asche dieser Mutter – ein Rätsel! Der amerikanische Titel „Angelas Ashes“ führt hier auch nicht weiter und hat im beginnenden deutschen Wahlkampf ohnehin eine eher ungute Konnotation.
W.H.