Von Salman Rushdie bis Nora Gomringer / Zum 58. Mal: die Bücherschau

Von Ursula Sautmann

Es ist ein angenehmer Ausnahmezustand, ein Fest“, stellt Hans-Georg Küppers, Kulturreferent der Landeshauptstadt, klar. Die Organisatoren des diesjährigen Programms konnten rund 80 internationale Autoren gewinnen. Um ihren Auftritt herum gruppieren sich so wichtige Veranstaltungen wie die Verleihung des Geschwister-Scholl-Preises für moralischen und intellektuellen Mut am 20. November (mit öffentlicher Lesung einen Tag später in der Buchhandlung Lehmkuhl) sowie der Markt der unabhängigen Verlage „Andere Bücher braucht das Land“ am 2. und 3. Dezember im Literaturhaus.

Die Wiege des Literaturfests München ist die Bücherschau im Gasteig. Sie feiert in diesem Jahr ihren 58. Geburtstag.
Von 8 bis 23 Uhr sind wirklich alle, jung und alt, eingeladen, in Büchern zu schmökern, Lebensgeschichten zu lauschen, Lieblingsautoren auf dem Diwan zu begegnen (Ingo Schulze am 24. 11., Ulla Hahn am 30. 11.) und einen Blick in Abgründe zu wagen: der Psyche mit
Sebastian Fitzek („Flugangst 7A“), der Politik mit Martin Schäuble („Endland“), der ein rechtskonservatives Szenario entwirft, das von der Wirklichkeit erschreckend mühelos eingeholt wurde (26. 11.). Der Eintritt zur Bücherschau kostet nichts, für besondere Programmpunkte wird ein Eintrittsgeld erhoben.

Für Kinder, Heranwachsende und Familien gibt es ein eigenes Angebot, einer der Höhepunkte ist Paul Maar mit seinem neuen Sams-Buch (Lesung 26. 11., 15 Uhr, 6 Euro). Workshops zum Kreativen Schreiben, zum Buchbinden oder (für Kinder ab 8) zum Basteln mit Papier laden zur aktiven Teilnahme ein. Kurator Thomas Kraft hat sich in diesem Jahr auf deutschsprachige Autoren konzentriert. Unterhaltung hat in seinem Programm einen beachtenswerten Stellenwert, genannt seien Wigald Boning, der über das Campieren in freier Natur singt und philosophiert (26. 11.), sowie die Text-Klang-Komposition von Nora Gomringer und Freejazz-Legende Günter Baby Sommer, die „Grimms Wörter“ von Günter Grass auf die Bühne bringen (23.11.).

Das Herz des Literaturfests ist das forum:autoren. Die Schriftstellerin und Regisseurin Doris Dörrie hat gemeinsam mit dem Literaturhaus München und seiner Leiterin Tanja Graf das Programm entwickelt, es trägt das Motto „Alles Echt. Alles Fiktion“. Das Literaturhaus ist immer dabei, die Kuratoren wechseln, und damit auch die jeweils eigenen Akzente. Professionalität und Leidenschaft gehen eine Verbindung ein, die in diesem Jahr stark geprägt ist von der Persönlichkeit der Kuratorin, die an der HFF (Hochschule für Fernsehen und Film) den Lehrstuhl Creative Writing besetzt. Wer hat die bessere Geschichte? Wo ist die Schnittstelle zwischen Fiktion und Dokumentation? Wo ist die Lüge angesiedelt? Wie lassen sich Filme lesen, Bücher hören? Und was hat uns eine ZEN-Priesterin zu sagen? Das sind die Fragen, die die Kuratorin umtreiben. Dörrie hat sich mit ihrem Programm für das forum:autoren den überraschenden Kombinationen der Genres, dem Interdisziplinären verschrieben.

Das Literaturhaus präsentiert parallel die wichtigen Neuerscheinungen des Herbstes. Zu den geladenen Gästen gehören Ken Follett, Péter Nádas, Colson Whitehead, Oskar Roehler, Thomas Lehr und Salman Rushdie. Es gibt täglich mindestens zwei Veranstaltungen. Da mag das brandneue Projekt „Panoptikum“ in der Galerie des Literaturhauses zwecks gemeinsamer Erholung und geistiger Wiederaufrüstung gerade recht kommen. Inmitten von Requisiten und Kulissen aus legendären Filmen wie „Grand Budapest Hotel“ und einem veritablen Wachsfigurenkabinett kann man hier Podcasts lauschen oder sich einfach treffen und austauschen (mit dem kulinarischen Angebot des Literaturhauses als kraftspendende Basis). Um 21 Uhr eröffnet dann die Festivalbar, ab 22 Uhr folgt an manchen Tagen ein Musikprogramm.

Das Literaturfest München wird am 15. November eröffnet und schließt am 3. Dezember. An den letzten zwei Tagen stellen sich rund 30 innovative Kleinverlage aus dem deutschsprachigen Raum im Literaturhaus vor. Dort können auch die Titel des diesjährigen Gewinners des „Preis für einen bayerischen Kleinverlag“ eingesehen werden. Der Maro Verlag aus Augsburg hat die „freiheitsliebenden und wortmächtigen Autoren der Beat-Generation aus den USA“ hierzulande bekannt gemacht, heißt es in der Begründung des Bayerischen Kunstministers Ludwig Spaenle für die Preisverleihung. Auch deutsche Autorinnen und Autoren wie Jörg Fauser, Günter Ohnemus, Uli Becker und Susanne Neuffer konnten vom verlegerischen Mut in Augsburg profitieren.