Der immer dichter wabernde Nebel über den gewaltigen Literatur-Preisen dieses Herbstes hat sich endlich gelichtet, die Prämien werden rechtzeitig vor dem Fest bei den Dichtern eingehen, der Prix Goncourt mit sehr deutscher Thematik hat uns alle überrascht, und die Weihnachtsbäumchen leuchten allerorten. – Alles gut! Die arme Thea Dorn wird sich aus der liegenden Position langsam aufrichten, nachdem sie der jüngste Franzobel-Roman „Das Floß der Medusa“ (bereits im August, vor dem ZDF-Quartett) „umgehauen“ hatte. Gut, dass sie ihm jetzt auch noch als Jurymitglied den berühmten Bayerischen Buchpreis zusprechen konnte! Eben alles doch sehr familiär! München darf sich die Hände reiben, denn der Schweizer Buchpreis ging an den Neu-Münchner Jonas Lüscher mit sagenhaften 30.000 SF, die der Autor sicher in unseren lokalen Wirtschaftskreislauf einspeisen wird! Da der Deutsche und der Österreichische Buchpreis mit der Familie Robert und Eva Menasse ebenfalls an benachbarte Alpenländler ging, wäre jetzt nur noch die Schweizer Fernseh-Literaturkritikerin Nicola Steiner (SF und 3Sat) aufzurichten, die hin und wieder von ihr rezensierte Bücher schlicht „zum Niederknien“ findet. Da sie aber auch in der Jury des Schweizer Preises saß, wird ihr unser Jonas schon aufhelfen können.

Ja, es sind harte Zeiten für Rezensenten hoher Literatur, so kurz vor X-Mas, das ja schon längst zu einem XXXL-Mas geworden ist, an dem 28 Millionen Weihnachtsbäume abgeholzt und von pestizidgeschwängerten, überdüngten Spezial-Plantagen in deutsche Wohnzimmer verfrachtet werden, um nach wenigen Wochen auf dem Müll zu landen – wo bleibt da eigentlich der günstige CO2-Footprint? Aber egal, das Leben des Rezensenten war ja noch nie ein leichtes, so eingezwängt zwischen Verlagsriesen, die ihm durch Gitterstäbe nur Juryposten, Bestseller und karges Brot reichen. Klar, dass man da nicht jedes Werk zu Ende lesen kann – was übrigens der Englische Autor Tim Parks („Worüber wir sprechen, wenn wir über Bücher sprechen“) durchaus empfiehlt: Warum sollte man, wenn Struktur und Story eines Werks durchschaut sind, auch noch alles bis zur letzten Zeile lesen? Weg damit!

Zweifellos ein wichtiger Tipp für die Weihnachtslektüre – bevor sie einen noch umhaut!

WH.