Von Michael Berwanger

Vierundzwanzig Biedermänner im Dreiteiler, Überzieher und steifem Hut finden sich in Berlin beim Reichstagspräsidenten ein. Es ist der 20. Februar 1933, an dem sich die Führungselite mit Hitler trifft, um das neue System mit altem Geld zu versorgen. Am Ende des Treffens ruft Hjalmar Schacht, Präsident der Reichsbank: „Und nun, meine Herren, an die Kasse!“. Schon die Eingangsgeschichte von Vuillards „Die Tagesordnung“ macht deutlich, worum es geht: Um Wegbereiter, Steigbügelhalter und Gewinnler korrumpierender Macht. In 16 kurzen Kapiteln verhandelt Vuillard dieses Thema und allen wird klar: „… der Thron aber bleibt, wenn der kleine Haufen Fleisch und Knochen verschimmelt. … so heißen die Vierundzwanzig weder Schnitzler noch Witzleben … sie heißen BASF, Bayer, Agfa, Opel … Siemens, Allianz … der Klerus der Großindustrie … vierundzwanzig Rechenmaschinen an den Toren zur Hölle.“

Èric Vuillard
Die Tagesordnung
Aus dem Französischen von Nicola Denis
128 Seiten
Matthes & Seitz
Berlin, 2018
18 Euro