Ein bisschen langsamer machen, das Tempo runterfahren, entschleunigen – kann ja eigentlich nicht schaden, oder? Auch beim Lesen nicht. Oft tut es dem Textverständnis gut, während des Lesens mal kurz innezuhalten. Oder gar kritisch nachzudenken. Das leicht altmodische Verbum „innehalten“ meint mehr als nur „unterbrechen“, weil es zusätzlich ein In-sich-hinein-Lauschen impliziert, was wiederum zum gewöhnlich etwas länger dauernden Nachdenken führen kann. Ungesund ist das bestimmt nicht, vor allem nicht beim Lesen von Zeitschriften und Zeitungen.
Ob ein Innehalten allerdings dadurch erreicht wird, dass immer mehr Journalisten, speziell in der Süddeutschen Zeitung, immer öfter ein „nun ja“ in ihre Sätze schmuggeln? Armin führte einen, nun ja, suboptimalen Wahlkampf, Annalena auch. Die Fußball-Nationalmannschaft erzielte, nun ja, zwei Tore gegen Liechtenstein. Soll das zum Nachdenken anregen? Ist es schlicht relativierend gemeint? Damit noch klarer wird, dass dieser bescheuerte Wahlkampf fast alle schwer genervt hat? Dass zwei Tore gegen Liechtenstein schon fast einer Niederlage gleichkommen? Sagt es nicht eher, dass die schreibende Person ein klares Urteil scheut? Die Impfquote ist, nun ja, bescheiden – ist sie das, oder kann man das nur so sehen? Die Impfquote ist, nun ja, hoch – ist sie das, oder ist sie es nicht? Drei Haare auf dem Kopf sind relativ wenig, drei Haare in der Suppe sind relativ viel – ein zugegeben alter, nun ja, Scherz! Das geschmeidige, alerte, um Himmels willen niemandem zu nahe treten wollende Weichspüldeutsch unserer acht- und behutsamen Gegenwart jedenfalls hat durch dieses „nun ja“ nicht wirklich gewonnen. Gutes Deutsch sowieso nicht.
Ähnlich, nun ja, witzig ist es, dem Substantiv gleich das Pronomen folgen zu lassen. Liest man auch immer öfter. „Die Autorin, sie kann atemberaubend schreiben“, oder: „Die Wiesn, sie hat nicht nur Freunde“. Oder so. Was bringen diese Pronomen? Sie bringen, nun ja, nichts, aber auch gar nix. An dieser Stelle eines Satzes stören sie nur. Mich jedenfalls. „Der Paul-Heyse-Tunnel, er ist zu dunkel“. Wer ist bloß auf die Idee mit dem Pronomen verfallen? Soll das mit dem Innehalten zu tun haben? Dass die Lesenden nach „Tunnel“ erst einmal durchatmen und sich zu besagter Bahnunterführung, nun ja, hinspüren? Damit ganzkörperlich klar wird, wie unheimlich dunkel es dort ist?
Für mich hat diese Stilmarotte auch etwas mit einer, nun ja, Unterschätzung der mündigen Lesenden zu tun. Diese Kommata, diese Pronomen, sie halten nur auf. Stören den Lesefluss. Verwässern die klare Aussage. Muss das sein? Na gut, wirklich schlimm ist das alles nicht, das sind halt so Sprachmoden. Die meisten lesen drüber weg, andere ärgern sich ein bisschen und finden es allerhöchstens, nun ja, doof. Ist das jetzt zu eindeutig?
Klaus Hübner