In zehn Werken der Weltliteratur erfüllen Geschenke ihren Zweck: so hintersinnig, wie es eben große Autoren und Autorinnen ersinnen können. Auch eine Anregung für den literarischen Gabentisch. Wir wünschen viel Vergnügen beim kleinen Ratespiel!
- Ein amerikanischer Autor aus Chicago, Nobelpreis 1976, entwirft, durchsetzt mit fiktiven Briefen an Eisenhower, Einstein, Spinoza die
Lebenskrise eines Professors, der seine kapriziöse Ehefrau verliert und sein Kind mit Geschenken an sich binden will:
Als erfahrener Vater wartete er weise, bis sie den (Ford) Falcon erreichten und sagte erst dann: „Ich habe Geschenke für dich im Kofferraum!“ „O Papa, was hast du mitgebracht?“ … Und er überlegte, wie sie diese Welt der großen Werkzeuge, der physikalischen Prinzipien und der angewandten Wissenschaft einst erben würde.
- Österreicher wider Willen, der in seinem umfangreichsten Roman von Rom aus die engen Verhältnisse seiner Heimat sezieren lässt:
Die Mutter sagt zu einem solchen Mann, ich schenke dir einen Erben und nimmt ihm gleichzeitig und tatsächlich praktisch alles weg. Andererseits hat der neue Vater das Gefühl, die Schuldigkeit getan zu haben, auf die es ihm angekommen ist. Ist der Erbe da, interessiert ihn die Frau gar nicht mehr.
- Deutscher Autor, der in seinem ersten Roman in den 50ern des letzten Jahrhunderts sein bekanntestes Geschenk präsentiert, das derart berühmt wurde, dass wir es hier nur in Pünktchen andeuten wollen:
… kam Jan Bronski, holte sein für mich bestimmtes Geburtstagsgeschenk, das Segelschiff ab, tauschte das dürftige Spielzeug beim Sigismund Markus in der Zeughauspassage gegen eine … ein, kam leicht verregnet am späten Nachmittag mit jener mir so vertraut weißrot geflammten … zu uns, hielt sie mir hin, fasste gleichzeitig das gute alte Blechwrack, dem nur Fragmente weißroten Lacks geblieben waren.
- Irischer Autor, beschreibt einen Tag im Leben seines Helden. Schenken, um jemanden schnell loszuwerden:
Die gefalteten Seiten raschelten, er scheuerte das Kinn an dem hohen Kragen. Vom Rasieren. Steifer Kragen, verliert sein Haar. Will ihm die Zeitung lassen, dann bin ich den Kerl los. „Kannst sie behalten“, sagte Bloom.
- Tschechischer Autor mit einem Roman über die Liebe in Zeiten politischer Eruptionen. Wohl das bekannteste Buch, das unser Mann geschrieben hat. Mit einem wahren Liebesgeschenk:
Schließlich entschied er sich für ein junges Weibchen, dessen Körper an den Schäferhund erinnerte, der Kopf hingegen an die Bernhardinermutter. Er brachte es Teresa. Sie hob das Hündchen hoch und drückte es an die Brust. Sogleich pinkelte es auf ihre Bluse.
- DER Deutsche Klassiker aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts zeigt in seinem nie ganz beendeten Roman, was er an Finten und Finessen drauf hat – ein Kuss-Geschenk:
„Ich werde dich erwarten“, sagte sie in demselben Ton. „Dies zum Pfande!“ Und ehe ich mich’s versah, war mein Kopf zwischen ihren Händen und ihr Mund auf dem meinen, zu einem Kuß, der recht weit ging – weit genug, um ihn zu einem ungewöhnlich bindenden Pfande zu machen.
- Dem irischen Autor gelang in den Neunzigern des letzten Jahrhunderts der große Coup: nach der Pensionierung mit einem Roman die Welt zu erobern, einer Geschichte voll Witz und Bitternis:
Ich schenke Ihnen die Zwiebel, Missis. Soll nie einer sagen, in Limerick ist ein Kind krank geblieben, weil keine Zwiebel da war. Und vergessen Sie nicht, ein bißchen Pfeffer reinzustreuen. Pfeffer haben Sie doch, Missis?
- Der deutsche Journalist und Klatschreporter schrieb in den Zwanzigern einen Anti-Kriegsroman von Weltruhm und mit entsetzlichen Geschenken:
„Es gibt jetzt großartige Prothesen, du merkst gar nicht, daß dir etwas fehlt. Sie werden an die Muskeln angeschlossen … Und außerdem wird da immer noch mehr erfunden werden.“ Er liegt eine Zeitlang still. Dann sagt er: „Du kannst meine Schnürschuhe für Müller mitnehmen.“ Ich nicke und denke nach, was ich ihm Aufmunterndes sagen kann.
- Die französische Autorin landete mit 18 Jahren den großen Wurf, den sie so nie wiederholen konnte. – Geschenke in einer beinahe inzestuösen Vater-Tochter-Beziehung:
… um ein Abendkleid anzuziehen – übrigens das einzige, das ich besaß. Mein Vater hatte es ausgesucht. Es war aus einem exotischen, für mich zweifellos etwas zu exotischen Stoff, denn mein Vater zog mich, ich weiß nicht, ob aus Geschmack oder Gewohnheit, gerne als „femme fatale“ an. Ich traf ihn unten, strahlend schön in einem neuen Smoking, und legte ihm die Arme um den Hals.
- Der große Ethnograph mit einem traurigen Bericht, der viel zauberhaft-Romanhaftes enthält; Geschenke sind hier lebenswichtig :
Ein Jahr lang habe ich mehrere Kilo Angelhaken durch den Busch geschleppt, die keiner haben wollte, denn sie waren zu klein für jene Fische, die der amazonische Fischer für würdig hält, geangelt zu werden … Alle diese Waren mussten einen doppelten Zweck erfüllen: Als Geschenke und Tauschobjekte für die Indianer …
Auswahl: Wolfram Hirche
Des Rätsels Lösung finden Sie hier.