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Datum/Zeit
Datum - 29.02.2024
19:00
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Veranstaltungsort
Lyrik Kabinett

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Die senegalesisch-bretonische Dichterin Sylvie Kandé präsentiert ihren Band in der Edition Lyrik Kabinett. Durch den Abend führt: Niklas Bender

Mit freundlicher Unterstützung von Bayern liest e.V.

Veranstaltungsort: Lyrik Kabinett
Eintritt: € 9 / € 6; Mitglieder unseres Freundeskreises: freier Eintritt
Abendkasse, freie Platzwahl

„Das Aufeinanderprallen verschiedener Zeiten, der unvermeidliche Sieg der Vergangenheit über die Gegenwart, wenn kein (ethisches Engagement eingegangen wird), die Positionierung des Selbst zwischen dem unendlich Großen und dem unendlich kleinen, dem Einen und dem Mannigfaltigen, die Macht der Gesten als Sprache; und die Vorstellung eines ‚stillen‘ Austausches zwischen Schreibenden und Lesenden“ – so umschreibt Sylvie Kandé, Dichterin und Historikerin bretonisch-senegalesischer Herkunft, einige ihrer lyrischen ‚Obsessionen‘. 1957 in Paris geboren, lehrt sie heute Afrikanische Geschichte in New York. Für ihre Lyrik, die auch ins Versepos ausgreift, erhielt sie zahlreiche renommierte Auszeichnungen. Ihre familäre „Metissen-Identät“ vereint historische Erfahrungn der bretonischen und senegalesischen Minderheiten, die sie in bildstarken und aus einem breiten Fundus weltliterarischer Zitate gespeisten poetischen Reflexionen verarbeitet, die „in ökopoetischer Weise das Geheimnis des Lebendigen“ hörbar machen (Elara Bertho im Nachwort des Bandes).  Niklas Bender, geboren 1976, habilitiert in Romanistik, lehrt französische und italienische Literatur in Tübingen und schreibt als Literaturkritiker für die FAZ.

 


 

Porträt des Todes als Migrant

Ach wie hübsch sie war unsre Piroge
mit dem frisch gestrichenen Rumpf
in drei bis vier frohen Farben
mit den gesäßpolierten Bänken
dem sauber aufgerollten Tauwerk
und sogar so vielen Schwimmwesten
wie es Frauen und Kinder gab
am Heck unterm Barkholz verstaut
zwischen dem Gerümpel der anderen Passagiere

Wär’s als wir ablegten Mittag gewesen
hätten wir sofort geschnallt
dass wir auf einem faulenden Einbaum saßen
[…]

Bei der Fahrt über jene gellenden Kloaken
schwor der Schrecken selbst die Unerschrockenen auf seinen Kurs ein
Der Kapitän legte sie an eine Laufleine
damit sie nicht zu Dutzenden in den Abgrund stürzten

Sylvie Kandé, aus: Stiller Tausch. Zweisprachige Ausgabe. Aus dem Französischen von Tim Trzaskalik. Edition Lyrik Kabinett bei Hanser, S. 131-133.