Von Marie Türcke

Gesagt wird es eigentlich öfter, Udo Jürgens hat es besungen, das Leben wird nicht zwingend weniger mit dem Alter. Vielleicht wird es sogar mehr. Oder ganz neu.

Nach ihrem ersten gemeinsamen Buch, „Das Schönste an uns sind wir“, in dem sich die beiden Autorinnen mit den Jahren zwischen 50 und 60 auseinandersetzen, stellen Christiane Hastrich und Barbara Lueg die nur logische nächste Frage: Was dann?

Wie will man im Alter leben? Was für Möglichkeiten gibt es, welche kann man sich leisten? Mit wem will man alt werden? Und wann fängt man an, das zu planen?

Die Zwei machen sich auf die Suche, bereisen Deutschland, die Schweiz und werfen einen Blick nach Thailand. In Selbstversuchen, Gesprächen und Experteninterviews zeichnen sie eine Landkarte von Möglichkeiten. Dabei ist „Statt einsam gemeinsam“ keine wissenschaftliche Abhandlung über die letzten Jahrzehnte. Es ist auch kein Reiseführer im klassischen Sinn, alles Erlebte ist immer auch persönlich, hier schreiben zwei Menschen aus ihrem eignen Lebenskontext heraus über ihre Erfahrungen. Und dennoch bleibt Platz für andere Entwürfe, andere Perspektiven.

Die Reise beginnt in einer Senioren-WG in Bremen. Hier lebt Henning Scherf, ehemaliger Bremer Bürgermeister, mit seiner Frau und gemeinsamen Freunden. Jeder in seiner eigenen Wohnung, aber eben auch alle gemeinsam, beim Essen, beim Fürsorgen. Von dort geht es weiter in Deutschlands erstes Tinyhousedorf. Drei Tage auf 15 qm, zu zweit. Wie viel Platz braucht man eigentlich noch, wenn die Kinder aus dem Haus sind? Als nächstes geht es in den Westerwald auf eine Bauernhof-WG. Hier leben nebst den Bewohner*innen auch 17 Gänse, ein Pony und drei Alpaccas. Ein bisschen wie früher, aber eben auch ein wenig anders, selbstgewählter vielleicht? Next stop Campingplatz! Hier kann man, ähnlich wie im Tinyhouse, für wenig Geld etwas ganz Eigenes haben. Oder doch lieber ins Ausland? Thailand, wo immer die Sonne scheint? Oder in die Schweiz in eine spirituelle Öko-Gemeinschaft? Es geht nochmal zurück nach Hause: in ein Mehrgenerationanhaus in NRW. Hier lebt Josef, 88 Jahre, der gerne mal ein Bier mit den jungen Menschen trinkt, alle in den 90er Jahren geboren, zuhört und schon auch mal erzählt. Zum Abschluss besuchen wir noch Alfred, 95 Jahre, in seiner Seniorenresidenz in Bad Füssing. Alfred sucht gerade nach einer neuen Partnerin, eine Kandidatin hat er schon …

Hastrich und Lueg erforschen zusammen, was die Menschen bewegt, was sie sich wünschen für den finalen Abschnitt, und was ihnen besonders wichtig ist. Gemeinschaft kommt dabei eigentlich immer vor. Seien es Gemeinschaftsabendessen in der Alters-WG oder das 15-Uhr-Kaffee- und Kuchenessen auf dem Campingplatz. Einsamkeit ist keine Option, zumindest nicht, wer es anders einrichten kann. Aber auch andere Themen sind relevant: Platz ist knapp, Mieten sind teuer, reduzieren kann befreiend wirken, und doch hängt man an den Erinnerungsstücken aus dem bisherigen Leben. Letztlich ist es selbstverständlich eine Typfrage, wer wo wie leben will, aber es tut gut, die Optionen zu kennen. Und ein wenig tolerant zu bleiben.

In einer Sache sind sich alle Menschen, denen man im Buch begegnet, einig: Altsein kann ziemlich klasse sein. Viele empfinden es als leichter, freier, aber sie verschließen auch nicht die Augen vor dem, was eben nicht leicht ist: Krankheit, Tod, eingeschränkte Mobilität. Aber dafür hat man ja Gemeinschaft.

„Statt einsam gemeinsam“ macht nicht nur Spaß, es macht geradezu Lust aufs Altern. Da kommt noch richtig was, und für Neues ist es nie zu spät! Und ganz nebenbei gibt es noch den Soundtrack aus dem Leben von Christiane Hastrich und Barbara Lueg gratis dazu.

Christiane Hastrich und Barbara Lueg:
Statt einsam gemeinsam – Wie wir im Alter leben wollen
Klappenbroschur, 320 S.
Eisele, München 2021
20 Euro