by LiSe | 1. Nov. 2014 | Blog, Vermischtes
Vom 19. November bis zum 7. Dezember feiert München sein Literaturfest und die Bücherschau
Was für Frankfurt die Buchmesse, ist für München das Literaturfest. Zum fünften Mal dreht sich an diversen Veranstaltungsorten 19 Tage lang alles um die Literatur. Rund 100 Autorinnen und Autoren aus aller Welt sind dieses Jahr dabei, darunter Almudena Grandes, Günter Grass, Judith Herrmann, Sten Nadolny, Håkan Nesser, Tim Parks und Martin Walser. Außerdem der US-amerikanische Journalist Glenn Greenwald, der für den britischen „Guardian“ die Enthüllungen des NSA-Mitarbeiters Edward Snowden veröffentlicht hat. Für sein Buch „Die globale Überwachung“, verleiht ihm die Stadt München und der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Landesverband Bayern, den mit 10.000 Euro dotierten Geschwister-Scholl-Preis, weil er mit großem Mut und beispielhaft für das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Kontrolle staatlicher Macht eingetreten ist. Einen weiteren Preis, „LiteraVision“, vergibt die Stadt München erstmals für qualitätsvolle Fernsehsendungen über Bücher und Autoren. Die zur Wahl stehenden Filme werden am 28. und 29. November in einer öffentlichen Jurysitzung im Literaturhaus vorgeführt und prämiert.
Die Münchner Bücherschau ist der traditionelle Teil des Literaturfests, sie findet bereits zum 55. Mal statt. Etwa 300 Verlage stellen im Gasteig vom 20. November bis 7. Dezember über 20.000 Neuerscheinungen aus, in denen man von 8 bis 23 Uhr in Ruhe schmökern kann. Im begleitenden Veranstaltungsprogramm des Gasteigs lesen jeden Abend international renommierte Autorinnen und Autoren. Ein Höhepunkt ist sicher der Auftritt von Günter Grass, der am 20. November eine Ausstellung von Radierungen eröffnet, die er selbst zu seinem berühmten Roman „Hundejahre“ angefertigt hat.
Eine tolle Gelegenheit, bekannte Schriftsteller auch kostenlos und live zu erleben, sind die Bayern 2-Diwan-Gespräche, die montags bis freitags immer von 18 bis 18.30 Uhr im Gasteig-Foyer stattfinden. Als Gäste werden die Bayern 2-Moderatoren zum Beispiel Navid Kermani, Hélène Grémillon, Judith Hermann und John Burnside interviewen, bevor diese anschließend zu ihren Lesungen aufbrechen. Auch für Kinder, Jugendliche, Schulklassen und Familien ist viel geboten: Unter anderem liest der finnische Kinderbuchautor Timo Parvela aus seinem neuesten Ella-Band, Kirsten Boie geht mit ihrer Protagonistin „Moses“ auf Schatzsuche, es gibt Kurse im Buchbinden, Vorleseaktionen, Schreibwerkstätten, Live-Hörspiele, Ausstellungen und vieles mehr.
Das Literaturhaus, das neben dem Bayerischen Börsenverein des Deutschen Buchhandels der zweite Veranstalter des Festivals ist, präsentiert in einem klassischen Lesungsprogramm „große Geschichten auf großer Bühne“, wie Literaturhaus-Chef Reinhard G. Wittmann verspricht. Martin Walser liest am 25.11.aus seinem Tagebuch „Schreiben und Lesen“; Robert Seethaler stellt am 2.12. seinen neuen Roman „Ein ganzes Leben“ vor, und am 4.12. erzählt die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller anhand ihrer kürzlich erschienenen Biographie „Mein Vaterland war ein Apfelkern“ aus ihrem Leben. Ein spezieller Abend zu Ehren von Botho Strauß findet am 3.12. statt, wobei der publikumsscheue Autor lieber unsichtbar bleibt und sich von seinem Verleger Michael Krüger und dem Schauspieler und Sprecher Edgar Selge präsentieren lässt.
Am letzten Festival-Wochenende, am 6. und 7. Dezember, bietet das Literaturhaus einen ganz besonderen Büchermarkt. „Andere Bücher braucht das Land“ ist das Motto der Ausstellung für kleinere unabhängige Verlage, die jenseits des Mainstreams auch Projekte realisieren, bei denen nicht die Gewinnerwartung im Mittelpunkt steht. Dazu gehört etwa der Schweizer Comic- und Graphic Novel-Verlag Edition Moderne, der die mittlerweile verfilmten Persepolis-Comics der Iranerin Marjane Satrapi herausgebracht hat. Oder zwei junge Münchner Stadtmagazine: das Underground-Blatt „Super Paper“, das monatlich im Zeitungsformat erscheint und aus den Bereichen Musik, Kunst, Theater, Mode und Lifestyle berichtet, sowie das Blogger-Magazin „Mucbook“, welches seit gut einem Jahr auch als edel aufgemachte Druckausgabe erscheint. Apropos Blog: Unter blog.litmuc.de findet man alles, was im Social Web rund um das Literaturfest passiert.
Zum Konzept des Literaturfests gehört auch ein experimenteller Teil, das forum:autoren. Zu dessen Gestaltung wird jedes Jahr ein anderer Schriftsteller als Kurator eingeladen. Diesmal ist es der Leipziger Clemens Meyer („Als wir träumten“, „Im Stein“). In acht Performances vom 20. bis 27. November will er „ein Gesamtkunstwerk“ kreieren, wozu er seine Gäste – Schriftsteller, Schauspieler, Filmemacher und Musiker, darunter Enfant terrible Jonathan Meese – zu einer Art Talk-Show mit sich selbst in interessante Locations einlädt, um ihnen dort ein Forum zur Selbstinszenierung zu bieten. Vier der Veranstaltungen finden im Mixed Munich Arts (MMA) statt, einer 21 Meter hohen, kathedralenartigen Halle in der Nähe des Königsplatzes. Nach den Veranstaltungen geht es dann in den „Laden für Nichts“. Das ist ein innerhalb des MMA provisorisch aufgebauter Raum aus Spanplatten, wo sich Gäste, Künstler und Autoren an der Bar treffen. Wer mag, darf sich mit Statements oder Malerei an der Wand verewigen, die so zum Bühnenbild wird und am 27.11. in einer Auktionsshow versteigert wird.
Simone Kayser
by LiSe | 1. Okt. 2014 | Blog, Vermischtes
Klassisch und experimentell
Mit kreativer Musik und Poesie die Welt verändern“ – das Ziel des 2. Schamrock-Festivals der Dichterinnen ist nicht eben bescheiden. Das soll es auch nicht sein, gilt es doch, ein Experiment fortzusetzen, das vor zwei Jahren höchst erfolgreich begonnen hat.
Im Herbst 2012, beim ersten Schamrock-Festival in der Pasinger Fabrik, war es noch ein Traum: das zweite und viele weitere Festivals, eine Bühne nur für Frauen, die sich dem Spiel mit den Worten verschrieben haben, und ein Netzwerk für Künstlerinnen, die männerdominierte Strukturen in Frage stellen wollen. Jetzt, 2014, steht das 2. Schamrock-Festival (24. bis 26. Oktober) an. Über 50 Lyrikerinnen aus Deutschland, Finnland, Galicien, Irland, Italien, Japan, Mexiko, Österreich,
der Schweiz, Slowenien, der Türkei, der Republik Tuva (Mongolei) und den USA wispern und schreien, lesen und rappen, singen und spielen, was sie der Welt mitzuteilen haben. Das Festival der Dichterinnen gilt als weltweit einmalig. Aus der Taufe gehoben hat es Augusta Laar, selbst Künstlerin, die Musik und Lyrik gern mit überraschenden Aktionen verbindet. Gleich am Freitag (24. Okt.) steht Helga Pogatschar mit einer Kammerversion des Musiktheaters „Drei fliegende Minuten unplugged“ nach Texten von Nora Gomringer auf dem Programm (21 Uhr), am Samstag folgen die Sprechoper „Die Entsorgung von all dem Zeugs“ (17.30 Uhr) und die Konzert-Performance mit EBOW (21.30 Uhr). Und das ist nur eine kleine Auswahl. Seine ganz besondere Stärke gewinnt Schamrock nicht zuletzt dadurch, dass es Dichterinnen generations- und länderübergreifend zusammenbringt.
Infos: www.schamrock.org.
us
by LiSe | 1. Okt. 2014 | Blog, Vermischtes
Der Lyrikpreis München wird am Samstag, 18. Oktober um 19 Uhr im Vortragssaal der Bibliothek im Gasteig zum fünften Mal vergeben. Das Preisgeld, bestehend für den ersten Preis aus 1000 Euro, für den zweiten aus 500, wird vom Münchner Literaturbüro sowie privaten Sponsoren gestiftet. Um den Preis streiten diesmal in der öffentlichen Lesung im Gasteig Konstantin Ames, Kathrin Bach (beide Berlin), Markus Hallinger, (Irschenberg), Tobias Roth (Berlin), Walter Fabian Schmid (Solothurn), Sebastian Unger (Berlin). Die sechs Lesenden wurden in zwei Vorrunden von der jeweiligen Abendjury vor Publikum im Münchner Literaturbüro ausgewählt. Der Vergabejury gehören an Wolfram Malte Fues, Lyriker und Germanist aus Basel, Andreas Heidtmann, Gründer des Poetenladen in Leipzig, Birgit Kreipe, Gewinnerin des Preises im letzten Jahr, Àxel Sanjosé, Lyriker und Lehrbeauftragter an der LMU München sowie Katharina Schultens, Lyrikerin aus Berlin.
KK
by LiSe | 1. Okt. 2014 | Blog, Vermischtes
Übersetzen ist wie Musizieren
Burkhart Kroeber, die deutsche literarische Stimme von Umberto Eco und Italo Calvino
Einen Riesenerfolg auf dem Büchermarkt zu landen, davon träumt jeder Verlag. Dass es ein 600-Seiten-Roman werden würde, der in einem mittelalterlichen Kloster spielt und der vordergründigen Handlung um ein paar handfeste Morde die gelehrten Auseinandersetzungen um den Armutsstreit zwischen Papsttum und Bettelorden beimischt, war so nicht vorhersehbar. Doch als Burkhart Kroeber das Debütwerk des Semiotikprofessors Umberto Eco noch als unkorrigiertes Fahnenexemplar in die Hände bekam, wusste er: „Das Buch will ich machen. Es hat mich gereizt, wegen der Vielfältigkeit der Themen und der Weltklugheit, die drinsteckt.“ Inzwischen ist Der Name der Rose weltweit millionenfach erschienen und er als Übersetzer italienischer Literatur eine Kapazität.
Mit Eco hat also alles angefangen, doch nur weil Kroeber „eine unbezähmbare Lust, ein fast sinnliches Verlangen danach“ verspürte, traute er sich an die Übersetzung. Denn seine Voraussetzungen waren nicht die günstigsten. Bis dahin hatte er nur Sachbücher aus dem Französischen, Englischen und Italienischen übersetzt und keine Erfahrung mit einem narrativen Text. „Da der Roman aber gesättigt ist mit historischem, philosophischem, denkerischem Material, wusste ich dank meiner Erfahrung mit Sachbuchtexten, wie man recherchiert. Und einmal den Ton gefunden, floss die Übersetzung so dahin, da die Sprache relativ homogen ist – der Erzähler ist ja ein greiser Benediktinermönch, der sich eine dramatische Woche aus seiner Jugendzeit in Erinnerung ruft.“ Auch Kroebers Leben wurde durch Eco verändert. Als Sachbuchlektor im Hanser-Verlag hatte er einen sehr begehrten Posten inne und nach seinem Studium der Ägyptologie und Romanistik die Jahre als „unabhängiger Literaturarbeiter“ eigentlich hinter sich. Nun setzte er alles auf eine Karte und wurde wieder freier Übersetzer.
Das war 1982. Seitdem hat er zwei Dutzend weiterer Bücher von Eco übersetzt, neben den fünf anderen Romanen auch Essays, Reportagen, Glossen, Parodien und Travestien, und war in diesen 32 Jahren mit dem geistigen Weg seines Autors so gut wie nie uneins. „Eco vertritt ja Meinungen, und denen konnte ich politisch folgen. Hätte er plötzlich einen rechtskonservativen oder irgendwie fundamentalistischen Weg eingeschlagen, wie es ja bei anderen Intellektuellen vorkommt, hätte ich den nicht mitgehen können. Man muss das Buch, das man übersetzt, auch mögen, sonst gibt man sich nicht die nötige Mühe. Das ist wie bei einem Musiker, der eine Sonate interpretiert. Er muss ein Gefühl dafür entwickeln, sonst wird das nichts.“ Sich vorher eingehend mit dem Autor zu befassen, seinem Leben, seinen Vorlieben, Abneigungen, Lektüren, ist für Kroeber hilfreich, aber keine Bedingung. „Eco setzt sich sehr gerne mit seinen Übersetzern auseinander bzw. zusammen. Doch es gibt gar nicht wenige Autoren, die niemanden an sich ranlassen, mit denen man nur über ihre Agenten kommunizieren kann. Und was Zitate oder Metaphern etc. anbelangt, da überlässt Eco es seinen Übersetzern, neue Bilder zu erfinden. Er will geradezu, dass etwas Neues kreiert wird.“
Neben Eco ist Kroebers Lieblingsautor Italo Calvino. „Der ist makellos, nicht wortreich, nicht geschwätzig, alles ist von einer kristallinen Klarheit. Da stimmt der Rhythmus, die Tonlage, die Klangfarbe, jedes Komma steht am richtigen Platz und hat seine Bedeutung. Calvinos Texte sind phantasievoll, nicht vorhersehbar, nie könnte man sagen, das kenne ich jetzt. Und er lässt seine Figuren für sich sprechen – am liebsten wäre es ihm gewesen, als Autor ganz zu verschwinden.“ Weil Calvino jeden Satz, jede Wortstellung sehr genau bedacht habe, sei es schwer, ihn adäquat zu übertragen. Wenn man das nicht berücksichtige, lese sich der Text holprig. Man müsse ihn musikalisch übersetzen, der Ton sei mindestens so wichtig wie der Inhalt. „Ist der Text für den deutschen Leser genauso verstehbar wie für den italienischen, dann habe ich es richtig gemacht. Man nennt das im Fachjargon Wirkungsäquivalenz, die Übersetzung soll die gleiche Wirkung erzielen wie das Original.“ Diese „Originaltreue“ brachte Kroeber neben vielen anderen Auszeichnungen 2011 den renommierten Christoph Martin Wieland-Übersetzerpreis ein, und zwar genau für ein Buch von Calvino. Auch bei seiner Neuübersetzung von Alessandro Manzonis Roman I promessi sposi – von Kroeber entgegen dem bisher üblichen Titel Die Verlobten weit passender mit Die Brautleute übertragen – war es sein Ziel, ja sein Ehrgeiz, jeden Satz möglichst genau dem Original nachzubilden. So ließ er vor allem Manzonis lange Satzperioden bestehen, die er einem an Kleist und Thomas Mann geschulten deutschen Publikum durchaus zumutbar fand. Desgleichen wollte er Manzonis unterschwellige bittere Ironie herausarbeiten. Und das ist ihm offensichtlich gelungen, die Kritiken sprechen von einer glänzenden Neu-übersetzung, hart und witzig, dort wo es angebracht ist.
Kroebers offensiv vorgetragene These, dass Übersetzer Zweitautoren sind bzw. Übersetzungen zwei Autoren haben, versteht sich als Beitrag zum Kampf gegen das Schattendasein der meisten seiner Kollegen. „Es ist ein langer Kampf um Gleichberechtigung, aber langsam wird’s besser. Eigentlich gibt es eine ganz einfache Lösung, um das leidige finanzielle Problem zu lösen. Wie einst auf jedes Kilowatt Strom ein sogenannter Kohlepfennig erhoben wurde, sollte jedes übersetzte Buch mit einem kleinen Aufpreis belegt werden. Als ich das vor gut zehn Jahren in einem Artikel für die FAZ schrieb, dachte ich, dass es zu einem Aufschrei der Verlage kommen würde. Aber die haben mich einfach totgeschwiegen.“
Katrina Behrend Lesch
by LiSe | 1. Okt. 2014 | Blog, Vermischtes
Im Waschsalon der Lyrikfront
Lesen in der Milchstraße, in einem „Büro“ der Literatur? Für mich als Jungautor vom Land in den Achtzigern ein kleines Abenteuer, so groß wie etwa im Kindergarten eine Halbe H-Milch auf Ex trinken. Zugegeben, auch mir schlug das Herz geschwind beim ersten Mal: Mehr kleiner Laden als Büro, angelaufene Schaufensterscheiben. Dahinter ein gutes Dutzend Diskutanten, viel Bärte und strubbeliges Haar, Bierflaschen schwenkend und Mienen, ernster als bierernst, wild gestikulierend, halb verschlafen, halb verschult. Auf dem improvisierten Schafott: ein junges Ding wird abgefragt. So schön und blond und zart im Mini mit viel Herz und Schmerz auf dem Papier. So hart verbal beharkt, mit nackter Angst im Ton, so ungeschützt, zerbrechlich – ausgesetzt dem ganzen Spott von jedem x-beliebigen Lyriklehrergott.
Doktor P. z. B. steckt noch in Cord-Pantoffeln, Unpromovierte in ihren Birkenstocks. Und aus Sockenlöchern spitzen scharfe Zehennägel. Die Helden laden ihre Waschtrommeln, packen die Anfängerin am Schopf und waschen ihr den Kopf. So lange Schleudergang, bis ihr alle Tränen ausgepresst sind und die Stimme den Dienst quittiert im Waschsalon der Lyrikfront. Ganz aufgelöst ist sie auf und davon, und ich wär’ ihr am liebsten nach. Aber bin, wie sich’s für einen braven Jung-AuTor gehört, solange sitzengeblieben bis ich endlich selbst dran war. Auf geht’s beim Schichtl! Vorwaschgang! Mir ist die Muffe ordentlich gegangen. Aber weil ich mich beim Lesen die ganze Zeit still gefragt hab, ob man die Milchstraße besser mit Hausschuhen oder mit Schuhsocken betreten sollte, ist mein Kopf oben geblieben. Deshalb bin ich in Jesuslatschen wieder gekommen: zur Klarspülung.
Anton G. Leitner
by LiSe | 1. Juni 2014 | Blog, Vermischtes
Eine Ausstellung der Münchner Monacensia im Hollerhaus Irschenhausen
Früh auf, alles gepackt und dann mit einem Freudenschrei weggefahren nach Schäftlarn“, bekannte Franziska zu Reventlow. SchriftstellerInnen und KünstlerInnen entdeckten das Isartal ab der Mitte des 19. Jahrhunderts. Ihnen gefiel die leicht hügelige Voralpenlandschaft und die Mentalität der sinnenfrohen, bodenständigen katholischen Einheimischen. Die gepflegten Bauernhöfe mit bunt leuchtenden Bauerngärten inmitten der fruchtbaren Wiesen inspirierten sie zu großer Literatur. Rainer Maria Rilke verbrachte den Sommer des Jahres 1897 gemeinsam mit seiner großen Liebe, der Schriftstellerin und Psychoanalytikerin Lou Andreas-Salomé, in Wolfratshausen. Die Eindrücke seiner langen Spaziergänge hielt er in Briefen und Gedichten fest. Jahre später begegnete er in Irschenhausen erstmals der jungen Malerin Lou Albert-Lasard, mit der er von 1914 bis 1916 eine stürmische Affäre hatte. Franziska zu Reventlow suchte in der Natur Erholung vom Bohèmeleben in der Stadt und genoss ihre Freiheit bei hüllenlosen Sonnenbädern an der Isar. Der lungenkranke, englische Schriftsteller D.H. Lawrence erfreute sich mit seiner Geliebten Frieda von Richthofen an der frischen Landluft und war fasziniert von der Vitalität der Bauernburschen. In Hohenschäftlarn entspann sich 1920 zwischen Franz Hessel, seiner Frau Helen und dem gemeinsamen Freund Henri-Pierre Roché ein Dreiecksverhältnis, das mit François Truffauts Meisterwerk „Jules und Jim“ in die Filmgeschichte einging. Das Isartal darf also um 1900 mit Fug und Recht das Liebesnest der Weltliteratur genannt werden.
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Hollerhaus Irschenhausen, Neufahrner Weg 3, 82057 Irschenhausen.
Eröffnung der Ausstellung: 27.6. 19 Uhr. Dauer: 28.6.-14.9.2014. Sa, So 13-18 Uhr. www.hollerhaus-irschenhausen.de