by LiSe | 2. Mai 2018 | Blog, Rezension
Von Michael Berwanger
Erich Mühsam war 1918 – also vor hundert Jahren – Mitglied des Revolutionären Arbeiterrats in München und Mitbegründer des Freistaats Bayern.
Hauptsächlich aber war der gelernte Apotheker Journalist und Autor und hatte Zeit seines Lebens Tagebuch geführt. Speziell in den frühen Tagebüchern zeigt er sich als Bürgersohn, der immer am finanziellen Tropf seiner Verwandtschaft hängt, große poetische und politische Ambitionen hegt und sich zwischen wahnwitziger Selbstüberschätzung und freundlicher Selbstironie inszeniert. Und er zeichnet – im Wortsinn – sein Selbstbild als Karikatur mit übergroßen Ohren, großer Nase und Rauschebart. (mehr …)
by LiSe | 2. Mai 2018 | Blog, Rezension
Von Michael Berwanger
Ein Privat-Sanatorium irgendwo in Bayern, luxuriös gelegen an einem kleinen See im Dezember der Jetztzeit. Der knapp 70jährige Psychotherapeut Hans Sahlfeldt begibt sich dort in die Obhut seines sieben Jahre älteren Kollegen Tiefenbach – ein Analytiker und Freudianer – vermeintlich, um sich wegen einer Depression behandeln zu lassen. Doch in Wahrheit will er ihm ein dreißig Jahre altes Gutachten vorhalten, das zu einem juristischen Fehlurteil geführt hatte, in dem ein Lehrer, ein Pfarrer und ein Hausmeister der gemeinsamen Kinderschändung an einer Schutzbefohlenen bezichtigt worden waren und das niedergeschlagen wurde. (mehr …)
by LiSe | 30. März 2018 | Blog, Rezension
Lilian Lokes zweiter Roman „Auster und Klinge“
Wolfram Hirche
Erst am zweiten Roman, so meinte der Kritik-Papst Marcel Reich-Ranicki, entscheidet sich, ob ein Autor zum Schriftsteller taugt oder nicht. Die Münchner Autorin und PR-Beraterin Lilian Loke hat vor drei Jahren für ihren Erstling „Gold in den Straßen“ reichlich Lorbeeren geerntet und den Münchner Tukanpreis errungen. Während sie damals fleißig im Milieu der Häuser-Makler recherchiert hatte und ökonomisch kundig deren Geschäftsmodell aufs Korn nahm, nimmt sich ihr neuer Roman das Künstler- und Ganoven-Milieu vor. Er versucht es jedenfalls.Ernste, tiefe Recherche ist da freilich schwierig, denn wer kennt schon einen erfahrenen Einbrecher, der auch so richtig „auspackt“? (mehr …)
by LiSe | 3. März 2018 | Blog, Rezension
Erzstabil und trutzig
Hans Pleschinkis neuer Roman „Wiesenstein“
Von Katrina Behrend Lesch
Zweifellos war Gerhart Hauptmann ein großer Dichter, wegen seiner sozial engagierten Dramen galt er als eine Art König der Republik. So sind ihm seine Verdienste um die deutsche Literatur Wehr und Waffe genug , um im März 1945 nach einem Sanatoriumsaufenthalt das zerstörte Dresden zu verlassen und gen Osten nach Schlesien zu fahren. Ziel ist die Villa Wiesenstein, sein prächtiges Anwesen im Riesengebirge, wo er und seine Frau Margarete so weiterleben wollen wie bisher, luxuriös ausgestattet und von einer ergebenen Dienerschaft umsorgt. Ein Schutzbrief des sowjetischen Kulturoffiziers Oberst Sokolow ermöglicht Hauptmanns Verweilen in seinem geliebten Wiesenstein, „die mystische Schutzhülle meiner Seele“, aller Barbarei ringsum zum Trotz. (mehr …)
by LiSe | 30. Jan. 2018 | Blog, Rezension
Von Ina Kuegler
Eine Hommage der Virtuosen von heute an die Meister von damals – so nennen die beiden Lyriker Tristan Marquardt und Jan Wagner ihre Anthologie „Unmögliche Liebe“. Das Buch vereint die wichtigsten Werke des mittelhochdeutschen Minnegesangs und dessen Übertragungen durch zeitgenössische Lyriker wie Ulrike Draesner, Nora Gomringer, Ursula Krechel, Birgit Kreipe, Daniel Bayerstorfer, Marcel Beyer oder Durs Grünbein. Entstanden sind 141 Rendezvous, ein Brückenschlag zwischen dem 12./13. Jahrhundert und unserem Jahrtausend. (mehr …)
by LiSe | 5. Jan. 2018 | Blog, Rezension
Volker Weidermanns Buch „Träumer“ bringt Literatur und Politik zusammen
Von Katrina Behrend Lesch
Die Bayrische Revolution hat gesiegt. Sie hat den alten Plunder der Wittelsbacher Könige hinweggefegt.“ So, wird überliefert, begann Kurt Eisner seine Rede, in der er Bayern zum Freistaat und sich selbst zum Ministerpräsidenten erklärte. Sie ist nicht dokumentiert, wie so vieles, was in dieser heißen kurzen Zeit zwischen November 1918 und April 1919 passierte, doch Augenzeugen erzählen von ihrer bannenden Wirkung. Es sollte der Beginn einer neuen Welt werden, in der alles möglich war: radikaler Pazifismus, direkte Demokratie, soziale Gerechtigkeit, die Herrschaft der Fantasie. Einen magischen Moment lang hatten die Dichter die Macht übernommen, träumten davon, nach dem schrecklichen vierjährigen Krieg eine Herrschaft des Volkes auf die Beine zu stellen, eine Herrschaft der Solidarität und Menschenfreundlichkeit. Kaiser und König waren abgesetzt, der Krieg war durch Kapitulation beendet worden, nun sollte das Volk regieren, und es würde seine Sache gerecht und gut machen. Es blieb ein Traum, das böse Erwachen ließ nicht lange auf sich warten. (mehr …)