Leben und Werk von Erika Mann – eine Ausstellung in der Monacensia

Von Katrina Behrend Lesch

Den Prolog „spricht“ noch Thomas Mann, der seine Erstgeborene etwas enttäuscht mit den Worten empfing, einen Sohn hätte er „poesievoller … als Fortsetzung und Wiederbeginn“ der eigenen Person gefunden. Das änderte sich rasch, das „kühne, herrliche Kind“ wurde zu seiner bevorzugten Vertrauensperson. Er bewunderte und respektierte Erika in all ihren Facetten, als Schauspielerin, Kabarettistin, Autorin, Vortragsreisende, Kriegsberichterstatterin, sie war es letztlich, die ihn auch dazu brachte, sich 1936 öffentlich gegen die Nationalsozialisten zu positionieren. Von all dem erzählt die Ausstellung, die die Monacensia zusammen mit der Kuratorin Irmela von der Lühe und dem Kreativstudio Büro Alba dem stürmischen Leben dieser Frau gewidmet hat. Eingebettet in die turbulenten Zeitläufte des 20. Jahrhunderts, breitet sich in acht Stationen die ganz eigene Geschichte der Erika Mann aus, die viel mit Politik zu tun hat, aber auch mit Familie, mit Theater, dem Schreiben und dem Einstehen für ein Ideal, das da heißt Menschlichkeit.

Dass sie sich so mit Politik befasste, empfand Erika Mann noch 1943 als „etwas paradox“, bildete diese doch keineswegs ihr Hauptinteresse. Anfangs zog es sie zum Theater, schon als Dreizehnjährige gründete sie den „Laienbund deutscher Mimiker“ und setzte vor Eltern und Freunden deutsche Klassiker in Szene. Im „Mimikbuch“ wurde Tagebuch darüber geführt, eine Theaterkritik von Thomas Mann spricht von einer „im Ganzen trefflich zur Geltung“ gebrachten Darbietung. Der Karriere als Schauspielerin stand also nichts im Wege, handfeste Skandale, die die Stücke ihres Bruders Klaus provozierten, scheute sie dabei nicht. Erika gehörte der „tänzerischen Generation“ der 20er Jahre an, verkörperte mit Bubikopf und Zigarette den Typ der neuen Frau, liebte Reisen und schnelle Autos, schrieb für Zeitungen, fuhr mit dem Bruder einmal um die Welt, veröffentlichte mit ihm, um die Finanzen aufzubessern, darüber ein Buch, gewann eine 10.000 Kilometer-Rallye durch Europa, kurzum, genoss das Leben in vollen Zügen, bis ein Vorkommnis sie politisch weckte.

Eine Veranstaltung pazifistischer Frauenverbände anlässlich der Genfer Abrüstungskonferenzen im Januar 1932, in der Erika Mann als Rezitatorin auftrat, zog eine diffamierende Pressekampagne nach sich. Hetzplakate, auf denen die mitwirkenden Frauen als „pazifistische Friedenshyänen“ denunziert wurden, und der in einem Brief dokumentierte Druck des nationalsozialistischen „Kampfbundes für deutsche Kultur“ bewirkten, dass Erika als Schauspielerin nicht mehr engagiert wurde. Aber da sie sich ohnehin ganz der Politik weihen wollte, erschien ihr das Kabarett als geradezu prädestiniert, um gleichermaßen verschleiert wie unverblümt gegen die „braunen“ Umtriebe aufzutreten. Indirekt eindeutig zu sein, das war das Erfolgsrezept der „Pfeffermühle“, wie Erika Mann in einem 1968 mit Fritz J. Raddatz für den WDR geführten Gespräch beschrieb.

In Amerika fand Erika Mann nach der Emigration eine neue Bühne als politische Rednerin und Vortragsreisende. Sie sprach über die Erziehung der Jugend im Dritten Reich, über die deutsche Diktatur, über die Gefahren des Faschismus, sie klärte auf. Die Auftritte, die sie in den kommenden Jahren, im Pullman kreuz und quer durch Amerika reisend, absolvierte, kann man auf einer Landkarte, Plakaten und Programmen nachverfolgen, an einem Rednerpult mit Notizzetteln nachempfinden. Sie betrachtete die USA als ihre neue Heimat, verpflichtete sich als Kriegsberichterstatterin und schrieb über die Nürnberger Prozesse, annullierte jedoch, in den Fokus der McCarthy-Verfolgungen gekommen, enttäuscht ihren Antrag auf die amerikanische Staatsbürgerschaft. 1952 kehrte sie mit ihren Eltern in die Schweiz zurück, kümmerte sich um Werk und Nachruhm von Vater und Bruder Klaus…. „Und wohin … gehörte ich? – zu allen, die in diesem Krieg für Freiheit und Anstand und gegen das Unsägliche stehn …“, hatte sie sich 1943 gefragt. Sie wird das bis zu ihrem Tod 1969 tun.

Eindrücklich in dieser Ausstellung ist, dass Erika Mann nie im Schatten ihres Vaters stand, ihm zwar immer zugewandt, aber stets autonom für sich handelte. Die Erzählebenen der einzelnen Lebensstationen sind in biografischen Dokumenten, Briefen; Manuskripten, Filmaufnahmen und Originaltönen klar voneinander unterschieden, durch die großen Fotos von Erikas Person und ihrer Präsenz in ihren verschiedenen Existenzen dennoch in einem ständigen Diskurs. Ihre Texte heute anzuhören ist nachgerade gespenstisch, so aktuell sind sie wieder. „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, / Wer immer lügt, dem wird man glauben“, sang sie im „Prinz von Lügenland“. Die Ähnlichkeit mit lebenden Personen ist durchaus gewollt.

Weitere begleitende Veranstaltungen siehe Kalender.

Erika Mann – Kabarettistin –
Kriegsreporterin – politische Rednerin.
Eine Ausstellung in der
Monacensia im Hildebrandhaus, Maria-Theresia-Str. 23.
Noch bis 30. Juni 2020.
Mo-Mi, Fr 9.30-17.30 Uhr,
Do 12-19 Uhr, Sa, So 11-18 Uhr.
Eintritt frei.
Mehr Informationen, aktuelle Termine und Führungen unter
www.muenchner-stadtbibliothek.de