Das könnte den vitalen Redefluss natürlich etwas stören. Weil meistens sind sie ja so richtig in Fahrt, wenn sie irgendwo in ihrem engagierten kleinen oder größeren, privaten oder öffentlichen Vortrag diese „air quotes“ einbauen, diese aktiv agierenden Fingerhasenohren. Da werden also flugs Zeige- und Mittelfinger beider Hände nach oben ausgestreckt (den Daumen nach innen anlegen, sonst wird’s zum Schwur), um sie dann ein wenig neckisch, gleichzeitig und vor allem ziemlich schnell zweimal bis zum zweiten oberen Fingerglied abzuknicken.

Über den motorischen Ablauf denkt da natürlich kein Mensch mehr nach, das sitzt und passiert intuitiv und ist als eine fürs Mündliche unterstützende Geste längst (aus dem angloamerikanischen Raum) bei uns angekommen. Ist ziemlich praktisch und auch als kleines Crossover zu bestaunen, konnte sich da doch ein eher nüchternes Satzzeichen als optischer Move in der gesprochenen Sprache etablieren. Wenn es besonders schrill zugeht, tritt nicht selten beim Air-quoten zusätzlich noch der ganze Körper mit in Aktion, vor allem, wenn beim Zitieren auch eine Ladung Spott oder eine Portion Ironie mit herausgepfeffert werden sollen. Dann wird der Kopf etwas zur Seite gelegt, die Schultern werden nach oben gezogen, die Augen ein wenig verdreht und eine Hüfte kommt so ein bisschen nach vorne. Es folgen – zumindest in Sitcoms – ein paar Lacher aus dem Off und weiter geht’s.

Jetzt ist es aber eigentlich so, dass einige Länder – und Deutschland gehört da dazu – zwischen Anführungszeichen am Anfang und Anführungszeichen am Ende unterscheiden, erstere sind nämlich „unten“, letztere „oben“ (auch wenn da gerade der Versuch einer heimlichen „angloamerikanischen“ Anpassung – beide „oben“ – vonstattengeht). Würde man rein armtechnisch auch hinbekommen, allerdings müsste man dann auch noch daran denken, dass das angesprochene Publikum ja vor einem steht und man deshalb die Sache – links-unten wird zu rechts-unten und umgekehrt – spiegelverkehrt präsentieren muss. Könnte, wie gesagt, dem Redefluss ein wenig schaden.

Die Zeichen gleichzeitig in die Luft zu setzen, hat im Übrigen auch etwas Übereiliges. Genau genommen müsste man unten „tüddeln“, dann zitieren, dann mit der anderen Hand oben „tüddeln“. Aber etwas genau zu nehmen, schadet der Dynamik ein weiteres Mal. Zumal beim Air-quoten mittlerweile auch die Franzosen ganz mit von der Partie sind, obwohl denen das mit ihren «Guillemets», den eigentlichen und richtigen „Gänsefüßchen“, noch einmal seltsamer vorkommen müsste. Dabei würde man auch das ziemlich lässig hinkriegen: Hasenohrenfinger an der rechten, Hasenohrenfinger an der linken Hand, Handrücken dem Publikum zugewandt und dann beide Hände entlang einer gedachten Kreislinie 90 Grad nach innen kippen lassen. Très cool.

dika