Wie stricken, wenn es friert

Katharina Kohm ist Jahrgang 1985, studierte zunächst Biologie, wechselte dann zu Germanistik, Kunstgeschichte und Psychologie in Heidelberg.

Gedichte sind für sie Realien, mit Bildender Kunst und Architektur besser zu assoziieren als mit linearer Sprache, die uns als Kommunikationsmittel dient, mit der wir uns aber so oft nicht verstehen. Sprachkunst zu bilden ist für Kohm ständiges Probieren, ein organischer Prozess wie Textilien weben oder Pullover stricken, wenn es friert. So haftet jedem Text etwas Körperliches an – ausgerichtet auf einen Dialog, auf Austausch –, der erst beim Lesen und Erspüren zu leben anfängt.

aufwachen

im hinterzimmer droht
drei türen rechts
neben dem meer
das zögern wieder – hängt
im schweif der kometen
ein weiterwollen sich auf? 

durch alle bahnen
säh’ ich die mitte
auf ackerfurchen
streu’ ich sand 

wir wagten die große terzine
vitrinenbruch läuft planhaft
einem scheinbar verhüllten
zeichen nach ab
des schepperns wie
vasen die vom wagen fallen
hüte dich beim auftreten

zerklüfteter mantel
zerklüfteter weg
in die kluft welcher zunft
gehüllt trifft man uns wieder?
hauptsache wieder-
gebrochener vers
soll an der stelle diesmal
sprechen

Aus: Katharina Kohm:
in melanin
Gedichte, 96 Seiten
gutleut verlag
Frankfurt a. M. 2021
ISBN 978-3-948107-33-8
25 Euro