Die Internationale Jugendbibliothek zeigt eine große Auswahl an Arbeiten des Illustrators Reinhard Michl

Von Katrin Diehl

Er könnte das wunderbar zeichnen: wie Mann und Maus, Frau und Kind, Ochs und Esel allesamt ihre Beine unter die Arme nehmen und losstürmen. Bevor es zu spät ist. Bevor sie etwas verpassen. Zum Beispiel die Ausstellung „Die ganze Welt riecht lasterhaft nach Hunden, Katzen, Schnecken“ in der Internationalen Jugendbibliothek im Schloss Blutenburg. Anlässlich seines 75. Geburtstags werden dort in der Wehrgang-Galerie bis zum 11. Februar Illustrationen und Skizzen des Illustrators Reinhard Michl gezeigt, einem Künstler, der mit seinen Bildern aus der deutschen wie internationalen Kinderbuchwelt kaum wegzudenken ist. Man muss nur „Findefuchs“ (Text: Irina Korschunow) sagen oder „Es klopft bei Wanja in der Nacht“ (Text: Tilde Michel), da stehen sie einem vor Augen: die lebendigen, ansprechenden Illustrationen, die sich einem einprägen, auch weil sie die Texte so wunderbar begleiten, eins mit ihnen werden, sie am Ende miterzählen. Und deshalb ist es kein Wunder, dass gerade die bekanntesten unter den von Michl illustrierten Titeln – und dazu zählen neben dem „Findefuchs“ und „Wanja“ auch Michael Endes „Jim Knopf“-Lokomotiv-Geschichten, Paul Maars „Tierische Freundschaften“, Rudolf Herfurtners „Gumpert Blubb“ und, und, und … –, dass die einfach weiterhin über die Buchladentheken wandern. Denn die nächste Generation will den eigenen Kindern dieses Anguckvergnügen auf keinen Fall vorenthalten. „Vor zwei Jahren hatte der ,Findefuchs‘ ja seinen 40.“, erzählt Michl, „und deshalb hat der dtv-Verlag eine Sonderausgabe gemacht, mit Leinenrücken und so, und da hatte man auch kurz überlegt, ob ich dafür neu illustrieren sollt, aber da hab ich gesagt, ,nein, machen wir nicht, never change a winning team‘, weil ja auch der Wiedererkennungswert zählt, und die Erwachsenen, die damals Kinder waren, keinen anderen Findefuchs wollen als den, den es schon gibt“.

Reinhard Michl gilt als „Tierezeichner“, wobei sich in seinen „Skizzenbüchern 1975 – 2022“, erschienen im vergangenen Jahr, vor allem Menschen abgebildet finden, Porträts, Charakterstudien. „Ich zeichne sehr oft und gerne Menschen, zum Beispiel wenn ich auf Reisen bin, oder auch, wenn ich in München in einem Biergarten sitz…, da beobachte ich, schaue auf Bewegungen, auf den Gesichtsausdruck“, sagt Michl. Bis dann in einer Zeichnung doch so ein Fuchskopf aus einem Hemdkragen herauswächst …, und das lässt sich ja bei Michls Darstellungen ohnehin fragen, ob sich da ein Tier in einen Menschen verwandelt hat oder ein Mensch in ein Tier. „Manches lässt sich einfach mit Tieren besser erzählen, gerade, wenn es sich um einen drastischeren Plot handelt“, erklärt Reinhard Michl und erinnert an den „Findefuchs“. „Das ist ja im Grunde eine Adoptionsgeschichte, und wie hätte man die denn Kindern mit menschlichen Figuren erzählen sollen?“ Was Reinhard Michl gar nicht mag, das sind diese Verniedlichungen, diese übersüßen Tierfiguren, „die auf Füchslein und Häslein machen“ und die sich nach wie vor in vielen Bilderbüchern tummeln. „Mir ist es bei meinen Darstellungen immer wichtig, den Tieren ihre Würde zu lassen“, sagt er.

Wenn Reinhard Michl, der in Niederbayern umgeben von viel Natur aufgewachsen ist, der einige Zeit in Irland und Schottland verbracht hat, Tiere zeichnet, sind ihm Details wichtig, der Schwanz, ein Auge, eine Pfote, „damit da dann keine klischeehafte, dumme Pranke herauskommt“. Und dann googelt er nach genauen Darstellungen dieser Körperteile. Die Fotoabbildung eines ganzen Tieres als Vorlage zu benutzen, vermeidet er.  „Weil das sofort als Bild eines abgemalten Fotos zu erkennen ist“, sagt er, „da kommt dann so eine Steifheit, so eine Starrheit mit rein“.

Geboren wurde Reinhard Michl 1948 in Hausen im Landkreis Kelheim. Nach einer Schriftsetzerlehre studierte er zunächst Grafik-Design an der FH in München, dann Malerei an der dortigen Akademie der Bildenden Künste. Schon während des Studiums arbeitete er als Buchillustrator. Und dann kam eben 1982 der „Findefuchs“, und alles nahm seinen guten Lauf.

Reinhard Michl lebt und arbeitet in München und in Uffing am Staffelsee. Gelungen nennt er einen Text dann, wenn der ihn schnell zu Bildern inspiriert. Und was, wenn nicht? „Na, wenn der Illustrator gut drauf ist, dann geht da schon trotzdem was, so etwas kommt schon vor, und dann sieht man die Bilder und denkt, die sind ja wirklich toll, und dann liest man den Text und denkt, na ja, geht so …“ Geglückt sind für ihn Illustrationen, wenn sie den Text weitererzählen, „wenn sie aufnehmen, was zwischen den Zeilen steht, wenn aus Text und Bildern eine Symbiose entsteht“. Genau das passiert bei Reinhard Michls Illustrationen. Und jetzt Beine unter die Arme genommen und losgelaufen zur Ausstellung.

„Die ganze Welt riecht lasterhaft nach Hunden, Katzen, Schnecken“. Zum 75. Geburtstag von Reinhard Michl.

Nur noch bis 11. Februar!

Mo. – Do. 10 – 16 Uhr, Fr. 10 – 14 Uhr, Sa./So. 14 – 17 Uhr.
Eintritt: 3 €, bis 18 Jahre frei.

Mehr Informationen unter: www.ijb.de