Die Stroux edition aus München-Neuhausen

Von Marie Türcke

Im Gespräch mit Annette Stroux kommt man auf eine neue Definition des Konzepts „unabhängiger Verlag“: Das ist, wenn Den-Verlag-betreiben ein Selbstzweck in sich ist. Kein Mittel zum Zweck, kein „Mehr-generieren durch das Buchgeschäft, sondern schlicht in enger Zusammenarbeit mit den Autor*innen etwas Schönes und Bleibendes schaffen. Wenn das gelingt, ist das Ziel erreicht“.

Und dass das gelingt bei Stroux edition, davon zeugen die Preise und Anerkennungen, die sie und ihre dort erschienenen Bücher seit der Gründung 2015 erhalten haben. 2022 etwa Bayerns beste Independent Bücher Auszeichnung für „Emma Bonn 1879–1942. Spurensuche nach einer deutsch-jüdischen Schriftstellerin“ von Angela von Gans. Oder die Verlagsprämie des Freistaats Bayern 2022 für „Die göttlichen Kindchen“ von Tatjana Gromača. Seit 2021 gehört der Verlag zum Schöne-Bücher-Netzwerk und zum Freundeskreis der Kurt Wolff Stiftung.

Gegründet wurde der Verlag von Annette Stroux. Seitdem bringt sie in Zusammenarbeit mit Art Director
Matthias Mielitz und Jürgen Kleindiek als Lektor jährlich vier bis sechs Bücher heraus, insgesamt über 30 Publikationen, darunter auch viele nordische Schriftsteller*innen.

Annette Stroux kommt ursprünglich aus der Welt des Theaters, hat Theater-wissenschaften und englische und deutsche Literatur studiert. Als ihre Familie wuchs, begann sie eine Fortbildung in internationaler Betriebswirtschaft, auch um sich ihren Wunsch zu erfüllen: die Gründung eines eigenen Verlags. Parallel dazu betreute sie privat biographische Werke, und so kam eines zum anderen: die Stroux edition mit ihrem Fokus auf autofiktionale, autobiographische und biographische Romane entstand. „Mich hat schon immer der reale Bezug einer Geschichte interessiertt“, sagt Stroux. 2017 gab sie das erste Buch „Erinnern und sich neu erfinden“ von der norwegisch-deutschen Autorin Jutta Martha Beiner heraus.

Im Verlag gibt es inzwischen einige weitere Mitwirkende: Julia Pracht für das Schlusslektorat, Uwe Englert, der nordische Talente sucht und findet, und Birgit Böllinger, die die Pressearbeit macht, sowie – seit Januar 2024 – auch eine Verlagsvertretung für einige deutsche Bundesländer: Christiane Krause von indiebooks.

Stroux edition entwickelt sich auch stetig weiter: Neu ist die Reihe ConTemp mit einem Fokus auf Kunsttheorie und Kunstpositionen. Das erste Buch ist hier im Dezember 2023 erschienen unter dem Titel „E//PI//DER//MIS. Einschnitt in die vierte Haut. Künstlerische Posi-tionen.“ von Pauline Stroux.

Insgesamt geht es aber nicht um quantitatives Wachstum, eigentlich will der Verlag gar nicht mehr viel größer werden, es wäre nur schön, wenn es noch mehr Zeit für die Arbeit an Manuskripten und mit den Autor*innen gäbe. Ein qualitatives Wachstum also. Was Annette Stroux immer wieder freut: Ihre Bücher bleiben aktuell – oder anders gesagt – sie sind thematisch und stilistisch zeitlos, auch Jahre nach ihrer Veröffentlichung begeistern die Bücher noch Leser*innen.

Und gerade das Zeitlose an Büchern ist es, was Annette Stroux so fasziniert und woraus sie für sich im Kontrast zur Momenthaftigkeit des Theaters viel Freude schöpft. (Nicht, dass sie das Theater nicht mehr mögen würde, bloß Bücher – die sind eben ihre große Leidenschaft.)

Gerade besonders freut sich Stroux über die Einladung ihrer Autorin Hanna Bjørgaas, die mit dem Band „Das geheime Leben in der Stadt. Nachrichten aus der urbanen Wildnis“ zur Klimabuchmesse im Rahmen der Leipziger Buchmesse 2024 eingeladen worden ist. Mit ihrem Buch über die urbanen Lebensweisen von Tieren und Pflanzen in Oslo sei ihr ein „überraschendes, künstlerisch illustriertes Tagebuch voller Entdeckungs- und Lebensfreude“ gelungen, das „Lust macht auf die Wildnis in nächster Umgebung“ .

Im Januar 2024 erscheint „Goldstein, ein phantastisches Leben“ von Anja Scherz. Sie erzählt darin die Geschichte von Raphael-Maria Goldstein, der von sich behauptete der Halbbruder von Anne Frank gewesen zu sein.

Im März erscheint dann der Roman „Keloid“ von Kristin Rubra. Er erzählt die Geschichte einer Ärztin, die in einem Krankenhaus den Vater ihres jüdischen Freundes aus Studientagen in den USA behandelt.

Was Annette Stroux sich für die Stroux edition wünscht? Mehr Präsenz in den Buchhandlungen und mehr Reichweite des Namens. Denn unabhängige Verlage wie der von Annette Stroux schaffen Nischen für Bücher und Themen, die in großen Verlagskonzernen so nicht unterkämen. Sie schaffen, wenn man so will, Demokratie auf dem Buchmarkt, sodass eine größere Heterogenität an Stimmen entsteht. Und das geht nur mit der Unterstützung aller.

Leseproben und mehr Informationen zur Stroux edition: stroux-edition.de

Bisher erschienen in der Reihe
„Unabhängige Verlage“: Hagebutte Verlag