Herbert Achternbuschs literarisches Archiv in der Monacensia

Von Katrina Behrend Lesch

Sätze wie diesen hat er drauf, der bajuwarische Universalkünstler Herbert Achternbusch. Da muss man erstmal lachen, verliert sich aber dann in der dissonanten Melancholie, die jedem Komiker eigen ist. Achternbusch ist ein weiser Sprachspieler, ein Wort- und Witz-Jongleur, der mit seinem Widerborst und Eigenwillen alle Grenzen sprengt oder, wie er selbst sagt, „zerdeppert“ und dabei den „Deppen“ bewusst in Kauf nimmt. Bekannt ist er ja vor allem durch seine Filme, aber die kamen später. Angefangen hat er als Bildender Künstler, dann verlegte er sich auf Anraten von Kollegen und Freunden wie Hans Erich Nossack, Günter Eich und Martin Walser aufs Schreiben. Vieles hat dieser kreative Geist zu Papier gebracht, dieser unermüdlich kreative Geist, muss man sagen, Lyrik und Prosa und natürlich die Drehbücher für seine Filme. 2005 kaufte die Monacensia Achternbuschs literarisches Archiv an, und wer will, kann Einsicht nehmen in Original–Typoskripte, in Skizzen, illustrierte Briefe oder Aquarelle und Kleinplastiken bewundern wie zum Beispiel einen aus gebrauchten Teebeuteln geformten Buddha. 

Hat man sich auf der Website der Monacensia über das Literaturarchiv und den Bestandsbildner, wie es im Archivdeutsch heißt, zu den Nachlässen bzw. Beständen vorgearbeitet, klappt schließlich eine Liste auf, die jedes einzelne Archival aufführt. Da liegt er detailliert vor einem ausgebreitet, der Dichtervorlass des Herbert Achternbusch – so nennt man das, wenn alles Geschriebene, was archivwürdig erscheint, noch zu Lebzeiten einer Institution übergeben wird. Ein ganzes Konvolut enthält die Briefe und Postkarten, die die Schriftstellerin und Achternbusch-Freundin Luisa Francia von ihm bekommen hat. Vieles hat private Bezüge, und dann fühlt man sich ein bisschen wie jemand, der in fremden Schubladen schnüffelt. Doch wenn man auf so tiefsinnig traurige Sätze stößt wie „ … aufhören, mit der größten Kraftanstrengung zu verbergen, wie schutzlos man mit dem ist, was einen was machen läßt …“, ist man froh, die sanften, zärtlichen Seiten dieses Renitenzlers zu entdecken, wieviel Zeit er sich genommen hat, um aus seinen Botschaften mit Illustrationen und Collagen kleine Kunstwerke zu machen.

68 Titel umfasst die Archivliste seiner Prosawerke, Romane, Theaterstücke, Drehbücher, Geschichten für Kinder, etwa „Bis Morgen“, ein blaues Büchl mit Zeichnungen, das eine handschriftliche Widmung für seine Tochter Naomi trägt. Das Drehbuch zu „Heilt Hitler!“ hat einen künstlerisch gestalteten Einband, eine Collage aus Foto und Zeichnung, blaue und rote Herzen, Totenköpfe. In der Einführung steht: „… denn die Heilung Hitlers, ich muss es so unverschämt einfach sagen, wäre auch die Heilung der Deutschen und der ganze Welt gewesen…“. Auf Hitler kommt Achternbusch in seinen Texten immer wieder zurück, von dem fühlte er sich gequält, seit er denken kann. Unter der Signatur HA M 59 ist das Typoskript zu dem Stück „Der Weltmeister“, eine grausige Hitlerhanswurstiade und deren Protagonist ein faulender Popanz (Peter Roos in einem ZEIT-Artikel) aufgeführt.

Achternbusch hat wohl alle seine Werke gleich in die Maschine getippt. Es sind engzeilig und mit einigen Ausnahmen durchgehend ohne Absätze geschriebene Typoskripte, versehen mit Korrekturen in seiner schönen leserlichen Handschrift. U.a. finden sich die legendären Theaterstücke „Gust“ und „Ella“, sein erster Roman „Die Alexanderschlacht“, der bahnbrechend war für die Avantgarde der jungen deutschen Literatur, oder die Prosasammlung „Das Ambacher Exil“ mit der herrlichen Wortalberei FÖHNCHEL. „der mann ist ein FÖHNTILATOR und die frau ist ein FÖHNTIL.“ Karl Valentin lässt grüßen!

In einer neuen Serie, die wir im Februar mit „Dichternachlässe – ein kulturelles Erbe“ begonnen haben, stellen wir Vor- und Nachlässe  von Menschen aus der Münchner Literaturszene vor.