Von Michael Berwanger

Erich Mühsam war 1918 – also vor hundert Jahren – Mitglied des Revolutionären Arbeiterrats in München und Mitbegründer des Freistaats Bayern.

Hauptsächlich aber war der gelernte Apotheker Journalist und Autor und hatte Zeit seines Lebens Tagebuch geführt. Speziell in den frühen Tagebüchern zeigt er sich als Bürgersohn, der immer am finanziellen Tropf seiner Verwandtschaft hängt, große poetische und politische Ambitionen hegt und sich zwischen wahnwitziger Selbstüberschätzung und freundlicher Selbstironie inszeniert. Und er zeichnet – im Wortsinn – sein Selbstbild als Karikatur mit übergroßen Ohren, großer Nase und Rauschebart.

Dieses Sujet hat der 32-jährige Zeichner und Absolvent der Deutschen Film- und Fernsehakademie, Jan Bachmann, als Grundlage für seine Graphic-Novel „Mühsam – Anarchist in Anführungsstrichen“ genommen. Darin stellt er zu den Originaltexten des Tagebuchs frei assoziierte Bilder und verknüpft sie mit fiktiven Dialogen. Gestalterisch bewegt er sich dabei in einer Mischform aus Expressionismus der 1920er Jahre und den jetztzeitigen Comics.

Wir zeigen hier ein paar Seiten aus dem Band, der fröhlich mit allzu betulichem Personenkult umgeht.

Jan Bachmann
Mühsam – Anarchist in
Anführungsstrichen
Graphic-Novel, 96 Seiten,
Klappenbroschur, 22 x 30 cm
Edition Moderne, Zürich 2018
19 Euro