„Einmal einfach“ – der neue Gedichtband von Michael Krüger
Von Hans-Karl Fischer
In den Besprechungen des Gedichtbandes „Einmal einfach“ von Michael Krüger werden Aspekte zum vielschichtigen Autor herausgegriffen; einer dieser Aspekte ist, dass die Altersgedichte auf einer Stufe mit Goethes Gelegenheitsgedichten stehen und als „großes Buch des Trostes“ für das Eingehen in die Literaturgeschichte vorgesehen sind. Schon wegen seiner Länge von 136 Seiten hätte dieses Buch jedoch zuerst einmal eine Eingrenzung verdient. Denn wenn es sich auch um Gedichte handelt, die das Alter zum Thema haben, so ist damit nicht das Alter an sich gemeint, sondern das reisefähige, rüstige Alter.
Das lyrische Ich Michael Krügers scheint sich wohl der Länge des Alters, nicht aber eines qualitativ anderen Zustandes, dem der Pflegebedürftigkeit, bewusst zu sein. Es ist die Ungeborgenheit, welche die schwindende Zeit mit sich bringt, aus der heraus es versucht, sich in die Kindheit zu retten, in der die zu durchlebende Zeit noch märchenhaft reich vor ihm lag. Wenn man von den „ungeschriebenen Büchern“ absieht, die der Autor beziehungsweise Nicht-Autor beklagt, spielt auch die andere Nachbarzeit, die mittleren Jahre, in der lyrischen Betrachtung eine untergeordnete Rolle. Das lyrische Ich bewahrt sich dadurch vor einer Jeremiade, wie sie beim Vergleich von „Einst und Jetzt“ herauszukommen pflegt. Doch auch der eigene Körper, der schließlich das Hauptobjekt des Alterns ist, wird mit Ausnahme der folgenden Stelle kaum erwähnt: „Bin ich jetzt alt ? / Die faltigen Arme, die zerfressene Hüfte / und überall Flecken auf der Haut / sie ergeben ein Suchspiel: / Wenn du die Punkte richtig verbindest, / winkt dir als Hauptpreis ein Tod.“ Stattdessen fällt dem Dichter das Altern und Alter anderer Menschen auf, was im Zeitalter der Egomanen allein schon bemerkenswert ist.
Die Themen sind Wiederbegegnungen mit Orten und Menschen, wobei die Faszination, zugleich mehr und weniger Zeit als früher zu haben, eine eigenartige herbstliche Stimmung schafft. Darüber hinaus gelingt es Michael Krüger, aus dem Zusammenprallen von eigenem Altern und dem, was er unter „Altern der Epoche“ versteht, Erkenntnisse zu gewinnen und so die Beschreibung des eigenen Zustands zu überschreiten. Warten wir’s doch ab, ob dieser Band in den Kanon aufrückt. Lesenswert ist er jedenfalls schon jetzt.
Michael Krüger
Einmal einfach
Gedichte
136 Seiten
Suhrkamp, Berlin, 2018
20 Euro