Der Illustrator und Künstler Nikolaus Heidelbach im Literaturhaus

Von Katrin Diehl

Seine Bilder sind ein Hingucker. Farben, Linien, Komposition geben sich klar, glatt, punkten in ihrer Plakativität, ihrer Zugänglichkeit, und dann das …

Nikolaus Heidelbachs Illustrationen anzusehen, hat etwas von einem vergnüglichen bis unvergnüglichen Spiel mit Oho!-Erlebnis, und seine Kenner*innen begeben sich dann ja auch immer sehr schnell auf die Suche nach dem Knick in der Optik, der Geschichte hinter allem, der Ameise, die zwischen den ganzen anderen Tapetenmusterameisen alleine und peinlich berührt in die andere (falsche?) Richtung läuft. Und ja, diese Ameise sind wir ja alle. Immer mal wieder und Gott sei Dank völlig verkehrt (?) unterwegs.

Der Kölner Künstler Nikolaus Heidelbach, 1955 in Lahnstein am Rhein geboren, ist als Illustrator angesagt und auch viele Autor*innen „schwören“ auf ihn, wünschen sich ihn als Begleiter ihrer Texte und das schon eine ganze Weile, so dass sich langsam, langsam die nächste Generation aufmachen wird, den eigenen, nächsten Kindern den Blick auf seine Bilderwelt zu ermöglichen.

Sein „Der Ball oder Ein Nachmittag mit Berti“, in dem sich der kleine Bruder, auf den die größere Schwester Dagmar aufpassen soll, unglücklicherweise in einen Ball verwandelt, um den es sich dann doch zu kämpfen lohnt, ist aus den 80ern und kullert so langsam Richtung „Klassiker“. Für die „Königin Gisela“, ein Mädchen, das sehr großspurig-ausgeflippt die Gelegenheit ergreift, über ein Inselchen zu herrschen, hat er 2007 den Deutschen Jugendliteraturpreis erhalten … (eine unter vielen Ehrungen für ihn) und den Grimmschen wie Andersschen Märchen hat er mit cover-herrlichem Bär, Hahn, Igel und Schwan noch einmal zu neuestem Glanz verholfen.  „Marina“, sein neuestes Bilderbuch, stellt eine wundersame, rührende Verbindung her zu jenem kleinen syrischen Flüchtlingsjungen Alan Kurdi, den man tot am Strand gefunden hatte und dessen Foto im Jahr 2015 um die Welt gegangen ist.

Häufigste Motive von Heidelbach sind ohne Frage Kinder, die sich mit ihrer ganz eigenen Welt, hineingeworfen in eine ganz andere Welt, ja auch sehr für Heidelbachs Art zu sehen, zu denken, zu kombinieren anbieten (und deshalb werden in dessen Vita ja auch durchaus Baby-Sitter-Tätigkeiten vermerkt). Seine Kunst ist es, mit nicht mehr und nicht weniger als Wasserfarben, Deckweiß, Buntstiften und kunstgeschichtlichem Knowhow Situationen und Momente aufs Blatt zu bringen, die den Rahmen sprengen, ziemlich in die Tiefen der Psyche schauen lassen und die am Ende mithilfe einer Komik, die so komisch nicht ist, alles auf den Punkt bringen.

Die Ausstellung im Literaturhaus zeigt über 250 Originalblätter Nikolaus Heidelbachs, den man für einen Rundgang in seiner Unterhaltsamkeit am liebsten gleich mitbuchen würde („Ich platze nicht vor Bescheidenheit, ich weiß schon, was ich kann“). Und es gibt dort tatsächlich auch im Juli noch Veranstaltungen mit ihm.

Anna Seethaler und das Team vom Gestaltungsbüro „unodue{münchen“ haben den Ausstellungsraum in eine Art schummriges Aquarium verwandelt, an dessen Fenster die meerversunkenen Wesen aus Heidelbachs Buch „Wenn ich groß bin, werde ich Seehund“ (2011) vorbeiziehen. In Vitrinen sind mit über 750 Stecknadeln (Heidelbach hat sie sehr bewundernd gezählt) Originale entlang von fünf Büchern angepinnt. Man findet darauf so gut wie alles, nur keinen pädagogischen Kurzschluss.

Literaturhaus München,
Galerie (EG)
Salvatorplatz 1
Noch bis 31. Juli 2022
Mo – So 11-18 Uhr
Eintritt: 5/3 € (inkl. Audioguide)