Fünf Jahre  Lyrik-Magazin „Signaturen“

Von Hans-Karl Fischer

Was ist der Unterschied zwischen einem Internet-Magazin und einer herkömmlichen Literaturzeitschrift wie „Akzente“? Wenn man das Lyrik-Magazin „Signaturen“ im Internet öffnet, so stößt der Leser auf ein „Gedicht der Woche“ und auf Rezensionen über gerade erschienene Gedichtbände. Es ist der Eindruck von größtmöglicher Aktualität, der überrascht; auf eine solche Fülle haben Anhänger von Lyrik schon lange gewartet. Das meiste, was in „Signaturen“ steht, ist jedoch ein beständig wachsendes Archiv, das aus den früheren Texten der wöchentlichen Ausgaben besteht. Das muss nicht von Nachteil sein: ich hole mir keinen Sonnenbrand an der puren Gegenwart, sondern komme darüber hinaus zu einer bestimmten Kenntnis der im Schatten liegenden modernen Lyrik.

Die im Jahr 2013 gegründeten „Signaturen“ stammen aus München; die Internet-Zeitschrift hat sich neben den beiden vor fünf Jahren schon existierenden Magazinen, „FIXPOETRY“ (Hamburg) und dem „poetenladen“ (Leipzig) als drittes deutsches Forum für moderne Lyrik etablieren können. „Signaturen“ sind eine Plattform, die schnell und umfassend über den Stand der gegenwärtigen Dichtung informiert. Sie sind wegen ihrer Fülle ideal für Schüler und Studenten, für angehende Lyriker und für die, die Gedichte gerne lesen. Das Lyrik-Magazin macht auch das Defizit der stiefmütterlichen Behandlung moderner Lyrik etwa durch die „Süddeutsche Zeitung“ wett – und überdies kostet es nichts!

Die beiden Redakteure, Kristian Kühn und Uli Schäfer-Newiger, betreuen die einlaufenden Gedichte, Rezensionen und Einzelbesprechungen von Gedichten; das knappe Dutzend regelmäßig schreibender Rezensenten sind ebenfalls Lyriker.

Der größte Unterschied zu den herkömmlichen Literaturzeitschriften ist, dass im Internet weit mehr Platz vorhanden ist als auf dem Papier. Über die Buchkritik hinaus können die Rezensenten sich mit ästhetischen, historischen oder literaturhistorischen Fragen beschäftigen. Das ist dem Zweck der Rezension oft weniger förderlich: In manchem Fall wird die Lektüre der allzu ausführlichen Besprechung zum Ersatz für die Lektüre des Buches. Insgesamt sind „Signaturen“ eine Fachzeitschrift, der jedoch der strenge Aufbau von Anton Georg Leitners „Jahrbuch der Lyrik“ fehlt. Sie sind eine Fachzeitschrift voll von Diversitäten, ein bemerkenswertes Potpourri.

signaturen-magazin.de