Dagmar Leupold, geboren 1955 in Niederlahnstein, Rheinland-Pfalz, studierte Germanistik, Philosophie und Klassische Philologie in Marburg, Tübingen und New York, und lebt als Autorin und Übersetzerin in München.
Ihr Werk umfasst Romane, Erzählungen, Gedichte und Essays.
Ihr neuester Band mit Gedichten heißt „Small Talk“, und natürlich geht es darin auch ums Wetter. Aber sozusagen ums Wetter „über das Wetter hinaus“, wie es an einer Stelle heißt. Also um politische Wetterlagen, um Klimatisches, um Strömungen und Störungen, um das, was uns heute droht und morgen erwartet, kurz: um die Weltlage.
Nicht anders als ihre Romane sind Dagmar Leupolds Gedichte eine Schule der Wahrnehmung. Mit einem wachen Blick für das Kleinste, denn es könnte trösten, und einem bangen Blick in den Himmel nach besseren Aussichten.

STURM

Heut sind die Wolken
Rabenschwestern
zanken um den
Horizont
(verlieren dabei die Flügel) und
verleiden der Sonne
den Untergang

hinter Kampfspuren
krepiert der Tag

NACHRICHTEN

Nachdem
alle Toten gezählt sind,
alle Erdstöße gemessen,
alle Einschläge protokolliert,
kommt das Wetter, die Stimme heiter,
die Aussichten trüb.

Zum Ducken reicht die Zeit
so gerade, kaum
wieder aufgerichtet
explodieren die Wolken.
Ihre Ladung:
Niedertracht.

Dagmar Leupold: Small Talk
Gedichte
128 Seiten, gebunden
Jung und Jung, Salzburg 2025
22 Euro