Ab Mitte 50 bricht es aus ihnen heraus, aus den Milbergs, Brandts oder Meyerhoffs, aber da war Isabella schon lange gestorben. Isabella Andreini aus Padua, der strahlende Bühnenstar ihrer Tage, spielte in der Comedia dell’arte zunächst die Rolle der Innamorata , heiratete, gebar vier Töchter und zwei Söhne, sie war Glamourgirl, Rampensau und treue Ehefrau und Mutter, und: Sie schrieb Gedichte und Stücke mit großem Erfolg. Als eine der ersten Schauspielerinnen nützte sie die Chance ihrer Popularität, um sich auch in Poesie und Dramen auszudrücken. Gestorben ist sie mit nur 42 Jahren, anno 1604, im Kindbett.

Nichts Neues also, dass der Interpret zum Schöpfer werden will. Der Darsteller, der in Rollen schlüpft, sein Leben im Vorgefundenen verbringt, von Autoren genau formuliert und festgezurrt, der möchte eben auch mal ganz identisch sein, ganz authentisch-kreativ. Das will er natürlich nicht für die Schublade, denn er liebt den Applaus, die Liebe des Publikums – sich selbst. Und das bekommt er am besten, wenn er vorher wie A. Milberg als Kommissar („ich höre!“) Klaus Borowski im Sonntagabend- Tatort die bleiche Sibylle Canonica des Mordes überführt oder wie Matthias Brandt (Polizeiruf 110) als Hanns von Meuffels den muffigen Charakter-Kommissar gibt. Dann drängen die Verlage, die Bestsellerlisten winken! Der locker-amüsante Ton der populären Schauspieler gefällt dem Publikum, die Bücher der Tukurs, Bierbichlers und auch von Miroslav Nemec sind meist gefällig formuliert, stark autobiographisch getönt und gehen weg wie warme Brezn. Gelegentlich schließt sich der Kreis, und das Buch wird verfilmt, der Autor schreibt sich selbst die ideale Rolle seines Lebens! „Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze“? – Diese Zeiten, Schillers Wallenstein konnte es nicht ahnen, sind vorbei!

Am besten hat das der Mann von der Wiener „Burg“ kapiert, Joachim Philipp Maria Meyerhoff, der sein Leben inzwischen tetralog auf den Büchertischen verkauft, in Hörbüchern glänzend eingesprochen. Wann kommt das alles endlich in die Kinos? Ja, man muss schon, sagt ein altes Boulevard-Journalistensprichwort, die Leiche so lang pflegen wie sie frisch ist. Das gilt natürlich auch für Romanserien – Schauspieler kann eben alles! – wer spielt, kann auch echt, oder?

Zum großen Leid des Publikums brechen aber solche Trends auch wieder, versanden einfach. Als der B-Schauspieler Ronald Reagan in den letzten 80ern und Muskel-Arnold Schwarzenegger kurz danach als Politiker auftauchten, dachten manche, jetzt, ja, jetzt Schauspieler als Bundeskanzler! Fotogen, telegen, sichere Bewegungen vor den Kameras, kein falscher Move, kein Stolpern, kein Versprecher! War aber nichts. Die Politik mag zwar voller heimlicher Schauspieler stecken, aber die echten Schauspieler scheuen die Politik. Dabei würde die doch nur auf sie warten!

Wolfram Hirche