Seit Jahresbeginn läuft das Litauische Kulturjahr unter dem Motto: „Ohne Distanz – Litauische Kultur in Bayern 2021“

Im Lyrik Kabinett wird am 7. Oktober der Litauische Lyriker und Bürgerrechtler Tomas Venclova im Gespräch mit dem Schriftsteller und ehemaligen Verleger des Carl Hanser Verlags, Michael Krüger, auftreten. Außerdem stellen sich Lyriker*innen der jüngeren Generation Litauens vor: Aušra Kaziliūnaitė, Giedrė Kazlauskaitė und Marius Burokas, von dem wir hier das Gedicht „mieste karantinas“ im Original und in deutscher Übersetzung präsentieren dürfen. Wir danken dem Autor und dem Portal „lyrikline“ (www.lyrikline.org), wo man mehr über den Verfasser und über litauische Lyrik erfahren kann.
RED

mieste karantinas

mieste karantinas
ir gedulas. visi
laukia sniego.

ant fasadų ir
gatvėse –
nenuplaunama bjaurastis.

pagausėjo raganų.
jos leidžia blizgias
knygas
apie save.

tarpuvarčių šamanai
bruka amuletus,
kurių burtai
seniai negalioja.

baltarusija, lenkija –
visur
liepsnojančios tvoros.

apvirtę sunkvežimiai
su kontrabandine
žiema.

pakelėse siūlo
mėsą
beveik už dyką.

gyvuliai emigravo.
emigravo ir
rašto žinovai,
ir moterys,
kurios galėjo
paeiti.

tik vyrai
su meškerėm
ir vėliavom,
akmenais
užanty –

visi
vienoj aikštėj,
kad būt lengviau
paimt juos
į dangų
ir ten uždaryt,
kol išsiblaivys.

priešais,
namo lange,
virtuvėje,
dega šviesa.

nuoga mirtis
rausiasi
šaldytuve.

tai jos geltoni
aulinukai
taip šviečia,
kai vaikšto
gatve.

pastebi mane,
linkteli.

pasimatysim.

Marius Burokas

quarantäne in der stadt

quarantäne in der stadt
und trauer. alle
warten auf schnee.

auf den fassaden und
in den straßen –
nicht abzuwaschende abscheulichkeiten.

hexen in hülle und fülle.
bringen glänzende bücher
heraus
über sich.

die schamanen der torwege
zerbrechen amulette,
deren zauber
seit langem versiegt ist.

baltarus, polen
überall
lodernde zäune.

umgestürzte laster
mit geschmuggeltem
winter.

an den straßenrändern wird fleisch
feilgeboten
für fast umsonst.

das vieh emigrierte.
auch emigrierten
die kenner der schrift,
und frauen,
die zu gehen
wussten.

nur männer
mit angeln
und flaggen,
mit steinen
an der brust –

alle
auf einem platz,
damit es leichter wird
sie in den himmel
zu verfrachten
und dort einzusperren,
bis sie nüchtern sind.

gegenüber,
im fenster eines hauses,
in der küche,
brennt licht.

der nackte tod
stöbert
im kühlschrank.

es sind seine gelben
schaftstiefel
die so leuchten,
wenn er spazierengeht
auf der straße.

du erblickst mich
nickst mit dem kopf

wir werden uns wiedersehen.

Aus dem Litauischen von Mala Vikaitė