Kaum dem späten Urlaubsflieger entstiegen, neulich, Anfang Oktober, durchweicht vom Nieselregen und den politischen Protesten der Fridays for Future und Extinction Rebellion , springt den arglosen Heimkehrer schon der Handke Peter an! Gerade verteidigt man noch das Politische im Privaten, den eigenen, peinlich hohen Carbon-Footprint, schon dröhnt der doppelte Nobelpreis für Literatur 2018/2019 aus allen Medien! Politik? Literatur? Der Streit droht ehrbare Feuilleton-Redaktionen zu sprengen. Na gut, der Österreicher war schon 2014 von dem Germanisten Carlos Spoerhase zu den 20 heißesten Kandidaten gezählt worden, allerdings weit hinter Frauen wie Margaret Atwood und Joyce Carol Oates – von den Männern ganz zu schweigen. Punkteliste: Viel zu wenig Punkte für „Spannung“ und „Erfindungsgabe“ bei P.H. – verweigert er doch seit Jahrzehnten einen ordentlichen Plot! Dabei hatte Spoerhase damals immerhin 13 bekannte deutsche Literaturkritiker um ihre Punkte gebeten. Erst als der fidele Thomas Gottschalk im Dezember 2017 im neuen Literarischen Quartett mit großer Bewunderung von der „Obstdiebin“ schwärmte, Handkes sogenanntem „letztem Epos“, ahnten die Leser, dass mit dem Mann aus Chaville bei Paris noch zu rechnen war. Der andere, der TV-Mann aus Kalifornien, früher mal Ministrant in Kulmbach, hatte offenbar ein Näschen für die mystisch-religiöse Dimension des Autors Handke, der in die serbisch-orthodoxe Kirche eingetreten ist. Und für sein unendlich geduldiges Schwammerlsuchen im Sprachwald.

Natürlich bremste Handkes Engagement für Serbien und Milosˇevic´ die Nobel-Chancen, denn er hatte dem vermutlich Verantwortlichen für Massenmorde, der 2006 in U-Haft starb, noch an seinem Grab eine „Kummerrede“ gehalten, wie er das nannte, der Dichter. Er schwächte seinen Serbien-Trip später ab, habe nur gegen die gängige Journalistensprache gekämpft, gegen die Vorverurteilung des Serben.

Übrigens als „Dichter“ will P. H. keines-falls bezeichnet werden, sondern als Schriftsteller, als jemand, der mit immer frisch gespitztem Blei die Welt ergründet. Vor allem auch die eigene Innenwelt, was nicht jeder gern mit-macht, weil das ja irgendwann doch fad wird. Maximal 50 Seiten, so meinte einst Helmut Karasek im alten Literarischen Quartett habe er „Mein Jahr in der Niemandsbucht“ noch schmerzfrei lesen können.

Handke hat seinen Kritikern jetzt erklärt, er komme von Homer. Die Götter aber, das hätte er dann doch wissen müssen, strafen schwer den allzu Glücklichen! Dass er die Journalisten verflucht hat, machts nicht besser, denn Hermes steht hinter ihnen. Handke bleibt nur, den N-Preis abzulehnen oder endlich einen richtig spannenden Thriller zu schreiben, als Opfergabe, um die Götter Homers zu versöhnen. Er weiß das. Er hat ihre Botschaft im stillen Wald längst empfangen.

W.H.