Von Stefanie Bürgers

30 Jahre ist es jetzt her, dass Freddie Mercury an den Folgen von Aids in London gestorben ist. Anlass für Nicola Bardola, auch an dessen Zeit in München zu erinnern. „Mercury in München“ lautet daher der Titel seines Buches. Von 1979 bis 1985 hatte die Rockband Queen, deren Frontman Mercury war, etliche Hits und Alben in den Musiclandstudios im Münchner Arabellapark produziert. Den Anstoß für das Buch habe der Film „Bohemian Rhapsody“ gegeben, sagte Bardola, denn die Münchner Zeit von Queen sei in gerade einmal zehn Minuten abgehandelt worden. Der Rockspezialist Bardola, so scheint es, will hier also etwas zurechtrücken. Immerhin brachten die in München entstandenen Hits Queen mit Mercury an der Spitze große Erfolge.

Buch wie Film sind sich darin einig, dass Mercury, der bei seinem Tod gerade einmal 45 Jahre alt gewesen ist, als Ausnahmetalent gelten kann, der grafisch-künstlerisch wie auch gesanglich brillierte und berühmt war für seine perfekten Bühnenshows. Nichts blieb dem Zufall überlassen, angefangen bei der bewusst gesetzten Doppeldeutigkeit des Namens „Queen“ – einerseits natürlich die Benennung des Oberhauptes der Royals, andererseits englische Slang-Bezeichnung für Homosexuelle –, und nicht aufgehört beim Logo der Band, das an ein Wappen erinnert, oder auch
Freddies gezieltem, bisweilen theatralischem Styling für jede Bühnenshow (wie zum Beispiel seinem Auftritt in Hermelinmantel und Krone). Auf der Bühne extrovertiert, war er privat eher schüchtern, so heißt es. Seit der Münchner Zeit trug Freddie einen dichten Schnauzbart, um den Überbiss zu kaschieren. Die Silhouette mit Bart und Ray Ban-Brille wurde sein Markenzeichen.

Was Mercurys Privatleben in München anbelangt, gehen die Meinungen auseinander. Wilde Exzesse, ungebremster Kokainkonsum, der sich negativ auf sein Schaffen ausgewirkt, ihn einsam und unglücklich gemacht habe. Ungezählte Liebhaber in den damals zahlreichen Clubs und Saunen für Homosexuelle im Glockenbachviertel, aber immer öfter auch Phasen der Depression in Einsamkeit, ohne Familie, mit treulosen Freunden. So kolportiert es der Film.

Im Buch zeichnet Bardola ein sanfteres Bild. Akribisch und empathisch wird Mercurys Leben – oft Tag für Tag – nachvollzogen. Interviewpartner, Freunde und Geschäftspartner werden befragt, Cafés und Clubs aufgesucht, alten Geschichten, seinen Wegen wird nachgespürt. Ein Stadtplan mit Legende und zahlreiche Abbildungen machen das ausschweifende und extravagante Leben dieses verwundbaren Rockstars greifbar. Bardolas Fazit: Mercury hatte eine produktive und glückliche Zeit in München, er hatte Freunde und einen Partner gefunden.

Nicola Bardola: Mercury in München
432 Seiten
Heyne Hardcore, München 2021
24 Euro