Von Isa Bellini

Immer wieder wurde er gefragt, wieso er einen Granitquader mit sich herumschleppe und irgendwann fragte ihn auch niemand mehr, weil er eben der war mit dem Stein. Grob behauen war der und kantig, zu groß um ihn mit einer Hand zu umschließen.

Nur noch wenige erinnerten sich daran, dass er gesagt hatte, dass ihm Xaver gesagt hatte, dass es gut wäre so einen Stein bei sich zu haben, für alle Fälle und auf Xaver war Verlass, der wusste immer was Sache war.

Hans war dann eben der, mit den ausgebeulten Jacken- und Hosentaschen und es war auch schon vorgekommen, dass ihm das Futter riss. der Stein durchs Hosenbein auf die Zehe fiel und ihn fast den Nagel gekostet hätte, aber er trug ihm das nicht nach.

Umgekehrt war er froh, wenn der kantige Brocken zur Hand war, wenn es galt den Anstoß zu geben oder einmal richtig auf den Tisch zu hauen. Ganz zu schweigen von den Mücken, den Nägeln und dem Kartoffelstampf.

Einmal musste er wochenlang ohne ihn auskommen, weil seine Fensterscheibe eingeschlagen war. Da hatte er den Stein auf seine Papiere gelegt, damit sie nicht wegflogen, denn ein paar Papiere muss man haben, hatte ihm Xaver gesagt.

Sonst aber war er immer bei ihm, er kannte es nicht anders.

Irgendwann bat ihn jemand um den Quader. Nur einer hatte noch gefehlt für die Grabumrandung, da konnte er nicht nein sagen und war dann ohne. Er würde schon wieder einen finden, sagten die Grableute, aber sie hatten nicht recht, er fand keinen.

Und so war er nicht mehr der mit dem Stein, an den man ihn erkannt hatte. Bald erkannte ihn niemand mehr, sie vergaßen ihn und irgendwann vergaß er sich selbst.

Man fand einen am Busbahnhof tot neben einer Bank liegen, mit ausgebeulten Taschen, „fast wie bei dem mit dem Stein“, erinnerten sie sich ein paar Leute und beerdigten ihn anonym.

Wie bei allen Anonymen kam ein Granitstein mit Nummer auf das Grab, gerade so groß, dass ihn die Handfläche nicht umschließen konnte. „Schade, dass er das nicht mehr erleben durfte“, hätten sie gesagt, wenn sie gewusst hätten, dass der Tote der mit dem Stein war und, – dass er ohne Stein war, DERMITDEMSTEIN.