Der diesjährige Tukan-Preis wird an Pierre Jarawan für seinen Roman „Frau im Mond“ (Berlin Verlag) vergeben. Dies hat der Kulturausschuss des Stadtrats nun auf Empfehlung einer Jury beschlossen. Der mit 8.000 Euro dotierte Tukan-Preis zeichnet jährlich eine sprachlich, formal und inhaltlich herausragende literarische Neuerscheinung aus. In die Auswahl kommen alle belletristischen Veröffentlichungen von Münchner Autorinnen und Autoren. Zur Diskussion standen in diesem Jahr 67 Bücher.

Auszug aus der Jurybegründung
„Hier wagt ein Vertreter der jungen Gegenwartsliteratur die Langstrecke, vertraut ganz nonchalant auf die alte Magie des Erzählens – und darauf, dass ihm die Leser*innen ausreichend Lebenszeit schenken. Was nicht selbstverständlich ist, denn Pierre Jarawan scheut weder Umwege noch kühne Ausschweifungen, in denen man sich verlieren könnte. Doch er behält er alle Fäden in der Hand, soviel in den 100 Jahren kanadisch-libanesischer Geschichte, die sein Roman umspannt, auch geschieht. (…) ‚Frau im Mond‘ ist bildintensiv erzählt, in warmem, leichtem Ton, denn Jarawan liebt seine Figuren. Und doch ist dieses Buch kein kulinarischer Pageturner, durch den man sich mühelos hindurchsuchten könnte. Zu schwer sind die Themen: Menschen, die Flucht und Vertreibung erfahren, zwischen den Kulturen um Identität ringen. Der Genozid an den Armeniern zu Anfang des 20. Jahrhunderts kommt ebenso vor wie die Weltwirtschaftskrise, der Zweite Weltkrieg oder die aktuelle, desaströse Situation im Libanon. Das Buch steuert auf Beiruts ultimative Katastrophe zu, die verheerende Explosion im Hafen 2020. In 50 Kapiteln zählt Pierre Jarawan bis zu diesem Moment herunter, eine Hommage an Fritz Lang, der in seinem Film ,Frau im Mond‘ einst den Countdown erfand.“

Pierre Jarawan wurde 1985 in Amman, Jordanien, als Sohn eines libanesischen Vaters und einer deutschen Mutter geboren. Er kam im Alter von drei Jahren nach Deutschland und wuchs in Kirchheim unter Teck auf. Er studierte an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film. Seine Romane „Am Ende bleiben die Zedern“ (2016) und „Ein Lied für die Vermissten“ (2020) wurden mit Preisen bedacht und in zahlreiche Sprachen übersetzt.
Zudem spricht die Jury zwei weitere Buchempfehlungen aus
– Slata Roschal: „Ich brauche einen Waffenschein / ein neues bitteres Parfüm / ein Haus in dem mich keiner kennt“ (Wunderhorn Verlag)
– Ralf Westhoff: „Niemals Nichts“ (Rowohlt Berlin)
Die Preisverleihung findet am 2. Dezember im Literaturhaus München statt. Weitere Informationen zum Preis unter stadt.muenchen.de/infos/tukanpreis.