by LiSe | 30. Apr. 2024 | Blog, Rezension
Slata Roschal gibt in „Ich möchte Wein trinken und auf das Ende der Welt warten“ einer Mutter eine Stimme und keiner sollte weghören.
Von Katrin Diehl
Dieses Buch macht fertig. Die Depression, die permanent um sich selbst kreisenden, sich selbst analysierenden Gedanken … Und jetzt? Denn „Wein trinken und auf das Ende warten“ kann ja auch nicht die Lösung sein. Oder doch? Geht es nur noch darum, einen Zustand ausfindig zu machen, der sich in seiner Schwebe und für eine gewisse Dauer ganz okay anfühlt, der weiterleben lässt? Im Moment ist jedenfalls das „schwarze schwere Tier“ am Zug. Es „kommt jeden Abend gekrochen, legt sich auf die Brust …“. Eine berufstätige Mutter zu sein, so harmlos und abgehandelt das klingt, kann zu einem Drama werden. Und wenn es das nicht wird, dann war wohl einiges an Glück mit im Spiel. (mehr …)
by LiSe | 3. Apr. 2024 | Blog, Rezension
Die Mitarbeiter*innen der Münchner Stadtbibliotheken empfehlen für den Monat April diese Neuerscheinungen:
Ashley Audrain: Das Geflüster
Penguin
Bevor der Sommer zu Ende geht, versammelt sich die Nachbarschaft der Harlow Street zu einem Gartenfest. Alles scheint perfekt – vor allem die Gastgeberin. Bis zu dem Moment, als Whitney vor aller Augen die Fassung verliert, weil ihr neunjähriger Sohn Xavier nicht gehorchen möchte. Die emotionale Entgleisung sorgt für Getuschel hinter vorgehaltener Hand. Als Xavier nur wenige Monate später aus seinem Kinderzimmerfenster stürzt, ist der Skandal unvermeidbar und das Urteil schnell gefällt. Doch in dieser Nachbarschaft ist niemand so vollkommen, wie er vorgibt zu sein. (mehr …)
by LiSe | 3. Apr. 2024 | Blog, Rezension
Ein literarisches Spiel in der Finsternis
Von Ursula Sautmann
Als Jakob mit seiner Mutter und seinem Vater, Georg Wilhelm Pabst, G. W. Pabst, im familieneigenen Schloss in Österreich ankommt, sind die Verhältnisse bereits verkehrt: Der Hausmeister ist von unten nach oben gezogen, die Mutter muss schuften und die Familie des Hausmeisters bedienen. Jakob wird von den Hausmeistertöchtern gefesselt, nackt bis auf die Unterhose. Sie spielen Indianer. Jakob weint, als der Vater ihn rettet. Er besucht die Mittelschule und hat gelernt: Es ist gefährlich, in der Klasse unbeliebt zu sein. Es ist gefährlich, zu gut in der Schule zu sein, man muss es ausgleichen und jemandem wehtun. Er schlägt zu und sorgt dafür, dass niemand sieht, dass er einen Stein zu Hilfe genommen hat. Er legt den Arm um das Opfer und stellt klar, dass nur Feiglinge petzen. Und am Ende wundert er sich, dass man hinterhältig sein kann und einem dann nichts geschieht, wenn man Ritterlichkeit einfordert. Er lernt, dass er seine Angst nie, unter keinen Umständen, zeigen darf. (mehr …)
by LiSe | 28. Feb. 2024 | Blog, Rezension
Die Mitarbeiter*innen der Münchner Stadtbibliotheken empfehlen für den Monat März diese Neuerscheinungen:
Rebecca F. Kuang: Yellowface
Eichborn
June Hayward und Athena Liu könnten beide aufstrebende Stars der Literaturszene sein. Doch während die chinesisch-amerikanische Autorin Athena für ihre Romane gefeiert wird, fristet June ein Dasein im Abseits. Als June Zeugin wird, wie Athena bei einem Unfall stirbt, stiehlt sie Athenas neuestes, gerade vollendetes Manuskript, einen Roman über die Heldentaten chinesischer Arbeiter während des Ersten Weltkriegs. June überarbeitet das Werk und veröffentlicht es unter einem Künstlernamen. Denn verdient es dieses Stück Geschichte nicht, erzählt zu werden, und zwar egal von wem? Gesellschaftsanalytisch zeigt die Autorin, wie Minderheiten unterdrückt werden. (mehr …)
by LiSe | 28. Feb. 2024 | Blog, Rezension
Friedemann Karigs neuer Roman zwischen Fakt und Fiktion
Von Markus Czeslik
Clara Konrad, hauptberuflich Wahrsagerin und Sternendeuterin im Call Center, sitzt bei ihrer Therapeutin (wovon wir erst mal ausgehen) und lügt, dass sich die Balken biegen – und man glaubt ihr jedes Wort. Dabei können wir aus mehreren Gründen davon ausgehen, dass es die Klientin nicht immer genau nimmt. Wenn wir uns aber von der Frage lösen, was wahr oder falsch ist, und uns darauf einlassen, wie die Erzählerin sich mit jeder Geschichte neu konstruiert und jedes erzählte Puzzleteil ihre Identität formt, und wir uns zudem bewusst machen, wie wir unser eigenes Ich durch Geschichten formen (erdachte, geliehene, erlebte) – dann ist dieses Buch zwischen Fakt und Fiktion ein tief-trauriges, großes Vergnügen. In jedem Fall beweist sich der Journalist (u. a. Süddeutsche, SZ Magazin, Die Zeit) und Autor Friedemann Karig als Magier und glänzender Storyteller.
Friedemann Karig:
Die Lügnerin, Roman
224 Seiten,
Ullstein, Berlin, 2023
22,99 Euro
by LiSe | 1. Feb. 2024 | Blog, Rezension
Die Mitarbeiter*innen der Münchner Stadtbibliotheken empfehlen für den Monat Februar diese Neuerscheinungen:
Maggie Millner: Paare
Klett-Cotta
Wer die Fesseln einer herkömmlichen Paarbeziehung einmal über Bord geworfen hat, will nie wieder dorthin zurück. Aber was, wenn doch? Eine Frau lebt ein gewöhnliches Leben in Brooklyn. Sie hat einen Freund. Eine Katze. Schreibt Gedichte. Und träumt: von Verführung, Lust und Unterwerfung. Ihre Paarbeziehung hält diesen Sehnsüchten nicht stand. Als sie eines Nachts in einer Bar eine Frau kennenlernt, streift sie ihr altes Leben ab und taucht ein in eine aufregende, obsessive Liebe. Doch wer ist dieses neue Ich, das sich mitreißen lässt und keinen Halt mehr findet? Ein Debüt über die Zwänge, Strukturen und Fallstricke von Beziehungen. (mehr …)