Staatsbibliothek präsentiert ihre Schätze in der Ausstellung Buchmalerei
Prächtig vergoldete Blütenstempel blitzen aus roten und blauen Blüten. Froschgrüne und kornblumenblaue Blätter schlingen sich verschwenderisch um eine Initiale. In der Ranke krabbelt ein nacktes, blond gelocktes Kind. Es ist umgeben von paradiesisch bunten Vögeln, einem Reh, einem Jäger. All die Tiere und Pflanzen sind nur ein paar Zentimeter groß, doch von intensiver Farbe und strahlendem Gold. Diese kostbare Buchmalerei korrigiert die vorherrschende Vorstellung vom „finsteren Mittelalter“. Die Bayerische Staatsbibliothek öffnet ihre Schatzkammer, und München leuchtet. Der Auftakt der Ausstellungsreihe „Bilderwelten – Buchmalerei zwischen Mittelalter und Neuzeit“ präsentiert hochkarätige Exponate, die zum Teil erstmalig zu sehen sind.
Mit Gründung der ersten Universitäten war die Buchmanufaktur nicht mehr auf die Schreibstuben der Klöster und die Liturgie beschränkt. Berühmte bürgerliche Werkstätten entstanden. Die Fähigkeit zu lesen war verbreitet. Mit kostbaren Farbpigmenten reich illuminierte Handschriften auf Pergament waren ein Luxusgut im Wert eines Palastes. Ein Buch konnte mit sich geführt und sicher vererbt werden. Die damaligen Eliten gaben die Bücher in Auftrag. Entstanden ist eine Vielfalt von Meisterwerken für unterschiedlichste Zwecke, die sich in 13 Vitrinen bestaunen lässt. Die Zeit des Übergangs vom späten Mittelalter zur Renaissance, von der alten zur neu entdeckten Welt diesseits und jenseits der Ozeane, findet ihren Niederschlag auch in der Buchkunst. Neue Erkenntnisse werden schriftlich festgehalten und bebildert, neue Techniken entwickelt bis zum Druck auf Papier.
Zu den spektakulärsten Exponaten zählt der astronomisch-astrologische Codex des bibliophilen Königs Wenzel, der um 1400 entstanden ist. Er steht am Beginn der Epoche, der sich die Ausstellung widmet und ist ein Höhepunkt der böhmischen Buchmalerei. Der Codex ist überreich mit Gold ausgestattet, enthält monumentale Abbildungen der Sternbilder und eine Himmelskarte. Die lateinischen Texte sind Übersetzungen von arabischen und hebräischen Schriften aus früherer Zeit. Eine weitere Kostbarkeit in dieser Ausstellung ist ein Musterbuch – auch hier besticht das filigrane Detail: eine Initiale, leuchtend blau auf Goldgrund, klar und elegant gefasst durch einen hellgrünen Rahmen. Das Buchstabeninnere strahlend rot und gold. Wendige Drachen, schillernd bunte Vögel und Blattwerk stehen zur Auswahl. Musterbücher sind entstanden, um dem potentiellen Kunden die gestalterische Virtuosität der Werkstätte zu präsentieren. Auch hebräische Texte wurden reich illuminiert: Die Haggadah wird beim Pessachfest der Juden in der Familie gelesen und gesungen. Die Miniatur illustriert das Sklavendasein der Israeliten in Ägypten.
Die Ottheinrich-Bibel ist das älteste, reich illustrierte Neue Testament in deutscher Sprache – eine weitere Kostbarkeit der Ausstellung. Über 100 Jahre dauerte die Bearbeitung. Sie wurde 1532 unter Ottheinrich vollendet. Einer Krone gleich ist die Miniatur von der Geburt Christi gerahmt. In Gold gefasste Edelsteine zieren den Rahmen. Strahlend königsblau kontrastiert der Mantel der Gottesmutter mit der grünen Wiese und dem rot-goldenen Mantel eines der Heiligen drei Könige. Seiner untergeordneten Bedeutung gemäß winzig ist Josef gerade noch am linken unteren Bildrand zu sehen. Anrührende Einblicke in das tägliche Leben bieten die Wappenbücher. Ritter stellen vor dem Turnier ihre geschmückten Helm aus. Interessierte Damen blicken den Herzbuben in die Augen, die Gesichter der Paare sind errötet. Und da leuchtet es wieder …
Stefanie Bürgers
Drei Ausstellungen in Folge: Luxusbücher 13. April bis 15. Juli, Ewiges und Irdisches 25. Juli bis 6. November, Aufbruch zu neuen Ufern 14. Nov. bis 24. Feb. 2017
Öffnungszeiten: Mo bis Fr 10–17 Uhr, Do 10–20 Uhr, einmal im Monat
So 13–17 Uhr, feiertags geschlossen, Eintritt frei. Kostenloser Audioguide
in deutscher Sprache. Kostenlose öffentliche Führungen donnerstags 16.30 Uhr und sonntags 14 Uhr.
Treffpunkt Schatzkammer der Bayerischen Staatsbibliothek (Ludwigstr. 16) 1.OG. Die Ausstellung wird begleitet von einer virtuellen Präsentation, in der fast alle Exponate voll digitalisiert durchgeblättert werden können. www.bilderwelten2016.de