Das Leben der Lola Montez

Von Stefanie Bürgers

Ludwig I. ist ein älterer Herr von 60, als er der 25-jährigen Lola begegnet, einer Spanierin, wie er glaubt. Sie sprechen Spanisch miteinander. Exotik und Alltagsferne befeuern Ludwig. Er macht sich sein eigenes Bild von Lola. Für ihn ist sie unschuldig und schützenswert. Er widmet ihr schwärmerisch-schwülstige Gedichte. In seinem Alter habe er nicht mehr damit gerechnet noch einmal zu entflammen, gesteht er.

Lola Montez wurde 1821 als Eliza Gilbert in eine von Männern dominierte Welt geboren. Der Vater ist Offizier. Das Eigenleben bürgerlicher Frauen gilt dem häuslichen Bereich. Umso unerhörter, dass Lola als Tänzerin zwischen den Kontinenten pendelt, emanzipiert entscheidet und sich zuweilen handgreiflich behauptet (man beachte die berüchtigte Reitpeitsche auf dem Cover). Eine „Femme fatale“ für Ludwig, die ihn die Abdankung kosten sollte.

Muss das alles nochmals erzählt werden? Ja, denn die Autorin Marita Krauss durfte erstmalig Einsicht in diesen sehr persönlichen Bereich der Tagebücher Ludwig I. nehmen. Ludwig ist Lolas großer Strahlkraft wehrlos ausgeliefert. Sie schert sich nicht um die Moral ihrer Zeit, begnügt sich nicht mit finanzieller Sicherheit und gräflichem Titel. Sie will mehr. Sie will Einfluss nehmen auf die Politik. Ludwigs Tagebuch verrät sein Ausgeliefertsein: „Die Auftrit folgen sich seit einige(n) Tage(n) schnell. In Personal u. Regierungssache(n) mischt sie sich. (…) Ihr Zugeständnisse gemacht will sie weiteres, wo soll das hinaus! Entzweyung u Versöhnung äussert sie wird sich noch öfters ergeb.“

Lola hatte leichtes Spiel. Ludwig vermag ihr nichts entgegen zu setzen. Volkszorn brandet auf. Regierungskreise drängen, von Lola zu lassen. Steine fliegen. Auch Ludwig wird getroffen. Doch maßgeblich für seine Entscheidungen in den Tagen der Aufstände bleibt Lola: „Wenn ich nur nicht in Lolitta’s Achtung verlier(e), gebe ich nach.“ Am Ende verlässt Lola die Stadt, schlägt Kapital aus ihrer Geschichte und tourt erfolgreich mit „Lola Montez in Bavaria“ in Übersee. Im Alter von 40 Jahren stirbt sie in New York als eine der ersten „selfmade women“.

„Ich habe dem starken Geschlecht überall den Fehdehandschuh hingeworfen“ ist ein akribisch recherchierter und dabei gut lesbarer Text, der einen neuen wie spannenden Blick bietet auf das Innenleben bekannter äußerer Umstände.

Marita Krauss
Ich habe dem starken Geschlecht überall den Fehdehandschuh hingeworfen – Das Leben der Lola Montez
304 Seiten, C.H. Beck Verlag, München 2020,
24 €