Weil nicht viel Platz ist, zudem der Titel von Slata Roschals neuestem Lyrikband – so umschweifend wie exakt – lang, dies vorneweg: Nehmen Sie ihn sich zur Hand. Als Münchner*in ohnehin. München spielt immer mal wieder hinein (und sogar die „Münchner Literatur Seiten“ haben ihren Auftritt). Orte werden benannt, durch die sich das lyrische Ich bewegt, zuhause und nicht-zuhause ist. Irgendwo dort (ist es noch in „München Neuperlach Süd“?) dann das:
Damit mal endlich Ruhe ist
Schaltet ein alter Mann die Sauerstoffgeräte seines Nachbars ab
Im gleichen Augenblick beginnt ein Kind bei uns im Hof zu schreien
Ein Nest fällt vom Balkon ein Marder
Schafft es nicht dem Auto auszuweichen
Ich sage meinem Sohn er soll sich Freunde suchen
Damit ich meine Nägel ungestört lackieren kann
Es liegt was Frühlingshaftes in der Luft und
Aufgetaute Larven legen in Blumenkübeln Marskanäle an
Ein Stockwerk unter uns hantiert ein Paar mit ledernen Manschetten
Aber es gibt auch Verse voller Komik („Schon Lenin sagte Glaubt keinen Aphorismen aus dem Internet“), hin und wieder Hoffnungsschimmer, die sich an die Brust drücken lassen („Es modert ein bisschen aber insgesamt ziemlich romantisch“).
Slata Roschals Ton (und wer sie einmal lesen hörte, hört ihn mit) steht für eine Stimmung zwischen Depression, Melancholie und sehr viel Nüchternheit. Die Verse treffen ohne Punkt und Komma Aussagen, legen sich über Enjambements in Kurven. Das Ich, so viel ist klar, kennt prekäre Lagen. Slata Roschal, 1992 in Sankt Petersburg geboren, kommt als Kind mit der Familie nach Deutschland. An der LMU wird sie mit einer literaturwissenschaftlichen Arbeit promoviert. Für ihre literarischen Arbeiten (neben Lyrik auch lyrische Romane und Kurzprosa) erhielt sie Preise und Stipendien.
RED.
Slata Roschal:
Ich brauche einen Waffenschein
ein neues bitteres Parfüm
ein Haus in dem mich keiner kennt
Gedichte
125 Seiten, Verlag Das Wunderhorn, Heidelberg 2025
24 Euro