[LiSe 07/25] Empfehlungen der Redaktion – Bücher für den Sommerurlaub

Vor der Krise
Von Michael Berwanger

Nichts weniger als eine Sensation: Nach 93 Jahren ist ein Roman von Sebastian Haffner erschienen. Kein Essay, kein Sachbuch zur Weltgeschichte, sondern ein Liebesroman. In unerhörtem Tempo beschreibt der damals 23-Jährige den letzten Tag einer 14-tägigen Parisreise im Februar 1932. Raimund Pretzel (so auch Haffners bürgerlicher Name) jagt seiner Angebeteten, die im Roman nur Teddy heißt, hinterher, getrieben zwischen Selbstzweifel, Eifersucht und Neugier. Europa befindet sich gerade in der Zwischenkriegszeit. „Die Krise war noch nicht richtig erfunden“, heißt es einmal. Teddy umschwirrt eine Entourage von Galanen, die sich die Klinke in die Hand geben. Die Hotelzimmer sind klein, das Geld ist knapp, die Zeit noch mehr; Louvre und Eiffelturm wollen noch besichtigt werden. Alles immer in fiebriger Hetze mit dem Gefühl, das Besondere stehe noch bevor. Dass die zweite Generation der Haffner-Erben das Manuskript nun zum Abdruck freigegeben haben, ist ein ganz großes (Lese-)Glück. (mehr …)

Weiße Koffer erinnern an vertriebene und ermordete Jüdinnen und Juden in München

Kunstaktion wird am 24. Juni 2025 in Schwabing eröffnet – Gedenkprojekt läuft bis 20. November 2025

Am 24. Juni 2025 startet im Münchner Stadtteil Schwabing die partizipative Gedenkinstallation „hier wohnte…“ unter der Leitung des Aktionskünstlers Wolfram P. Kastner. Die Intervention im öffentlichen Raum erinnert an Münchner Jüdinnen und Juden, die während der NS-Diktatur von den Nationalsozialisten entrechtet, deportiert, beraubt und ermordet wurden. Bis zum 20. November 2025, dem Jahrestag der Verschleppung von knapp 1000 jüdischen Münchnerinnen und Münchnern nach Kaunas im Jahr 1941, werden an sechs Standorten im Stadtviertel weiße Koffer aufgestellt, als Symbol an die erzwungene Flucht und die Deportationen. Sie sollen Passanten dazu einladen, innezuhalten, zu gedenken und Verantwortung zu übernehmen. (mehr …)

Der Thomas-Mann-Preis 2025 geht an die Schriftstellerin Katja Lange-Müller

Preisverleihung in München am 13. November 2025

Seit ihrem Debüt Wehleid – wie im Leben von 1986 hat die 1951 in Ost-Berlin geborene Katja Lange-Müller unsere Lebenswelt in zahlreichen Romanen, Erzählungen und Prosaminiaturen ausgeleuchtet: durch scharfe Milieubeobachtungen der Vor- und Nachwendezeit (zuletzt in ihrem Roman Unser Ole, 2024), durch Einblicke in die Falltüren der Liebe (im Roman Böse Schafe, 2007) oder randständige Enklaven (in Die Letzten. Aufzeichnungen aus Udo Posbichs Druckerei, 2000). Ihre Texte erzählen ohne Larmoyanz und Belehrungswahn von Außenseitern und Scheiternden in den Ausnahmezuständen des Alltags: bitterkomische Geschichten mit einem feinen Sinn für prägnante Kürze und „zwielichtige Wortgebilde“ (Drehtür, 2016). (mehr …)

Wortmeldungen von Nachwuchsautor:innen gesucht!

Die Crespo Foundation ruft junge Autor:innen dazu auf, sich für den mit insgesamt 15.000 Euro dotierten WORTMELDUNGEN-Förderpreis zu bewerben.

„Die Sorge um die Sätze“ – Wie schreibt sich Arbeit in Körper und Texte ein und was kommt nach der Erschöpfung? lautet die Fragestellung, die in diesem Jahr von Josefine Soppa, Trägerin des WORTMELDUNGEN Ulrike Crespo Literaturpreises 2025, formuliert wurde. (mehr …)

[LiSe 06/25] Thomas Mann ruft. Die Monacensia ist gut bestückt, was die Manns angeht.

Von Katrin Diehl

Es hat sich herumgesprochen: Am 6. Juni 2025 wäre der in Lübeck geborene Literaturnobelpreisträger Thomas Mann 150 Jahre alt geworden. Am 12. August 2025 ist es 70 Jahre her, dass er in Zürich gestorben ist. Fast vier Jahrzehnte seines Lebens hat der Großschriftsteller in München verbracht (1894-1933), hat hier seine Frau Katia Pringsheim kennengelernt, wie er überhaupt dieser Stadt „von Herzen zugetan“ war und sie doch verlassen musste. 1938 siedelten die Manns nach einigen Zwischenstationen endgültig in die USA über. Für die Familie – mittlerweile um die Kinder Erika, Klaus, Golo, Monika, Elisabeth, Michael angewachsen – war es in Nazi-Deutschland ungemütlich, zudem äußerst gefährlich geworden (Katia war jüdischer Herkunft). Den Nobelpreis hatte Thomas Mann 1929 für seinen Debütroman „Buddenbrooks. Verfall einer Familie“ (1901) erhalten. (mehr …)