Von Stefanie Bürgers

Alexandra Cedrino entstammt der seit Generationen der Kunst verbundenen Familie Gurlitt, deren Name nicht erst seit dem Schwabinger Kunstfund bekannt ist. Cedrinos Großvater Wolfgang, war Händler, ihr Ururgroßvater Louis, Maler. Hildebrand, Wolfgangs Cousin, war ebenfalls Händler und vom Nazi-Regime beauftragt, für das geplante Museum in Linz anzukaufen und sogenannte „entartete Kunst“ ins Ausland zu veräußern. Die Cousins pflegten keinen persönlichen Kontakt. Die Familienzweige waren zerstritten. Aus Hildebrands Sammlung resultierte schließlich der in der Wohnung seines Sohnes Cornelius 2013 entdeckte Schwabinger Kunstschatz.

Die Inspiration zur Recherche der interessanten Familiengeschichte kam Cedrino bereits vor 2013. Eine sprudelnde Quelle, auch wenn Personen oder Ereignisse nicht eins zu eins in ihrem Debütroman, dem ersten Band einer Trilogie, vorkommen. Details, so Cedrino, habe sie übernommen, wie den gläsernen Tee-Salon der Villa ihres Großvaters oder die Galerie mit dem Pechstein Mosaik.

Die Geschichte spielt gegen Ende der Weimarer Republik in Berlin. Helena Waldmann, hartherzige Kunsthändlerwitwe, hat ihre Tochter Anna verstoßen. Alice, die Enkelin und Kunststudentin ist nach dem Tod ihrer Mutter Anna entschlossen, den Bann zu brechen, das Herz der Großmutter zu erobern und ihren Platz in der Familie zu finden. Sie reist nach Berlin, sucht die herrschaftliche Villa der Großmutter auf und trifft auf eisige Ablehnung. Freundliche  Aufnahme dagegen, erfährt sie von Tante und Onkeln. Mit ihrem fotografischen Talent gelingt es Alice, nach und nach die Anerkennung der Großmutter zu gewinnen. Gemeinsam mit ihren Onkeln erweckt sie die einst aufgegebene Kunstgalerie aus dem Dornröschenschlaf und macht Bekanntschaft mit wegweisenden Künstlern und der wenig sittenstrengen Lebenslust der Metropole.

Im aufkommenden Nationalsozialismus verschafft sich der Kunstgeschmack der völkischen Ideologie und der Machtwille der nationalsozialistische Partei Raum und Alice sieht sich zunehmend diesen Maßstäben ausgesetzt. Sie ist verliebt in John, einen deutsch-irischen Nazigegner und lässt sich opportunistisch gleichzeitig auf Erik ein, einen aufstrebenden NSDAP-Parteigenossen und Kunstsammler.

Wichtige Weichenstellungen stehen an. Die Story nimmt in der zweiten Hälfte Fahrt auf. Der zweite und dritte Band der Trilogie werden mit Spannung erwartet.

Alexandra Cedrino
Die Galerie am Potsdamer Platz
Roman
382 Seiten, gebunden
HarperCollins 2019
20 Euro