[LiSe 10/25] Lyrische Kostprobe „Trag diese Creme auf deinen Tränendrüsen“

Weil nicht viel Platz ist, zudem der Titel von Slata Roschals neuestem Lyrikband – so umschweifend wie exakt – lang, dies vorneweg: Nehmen Sie ihn sich zur Hand. Als Münchner*in ohnehin. München spielt immer mal wieder hinein (und sogar die „Münchner Literatur Seiten“ haben ihren Auftritt). Orte werden benannt, durch die sich das lyrische Ich bewegt, zuhause und nicht-zuhause ist. Irgendwo dort (ist es noch in „München Neuperlach Süd“?) dann das: (mehr …)

[LiSe 09/25] Lyrische Kostprobe

Dagmar Leupold, geboren 1955 in Niederlahnstein, Rheinland-Pfalz, studierte Germanistik, Philosophie und Klassische Philologie in Marburg, Tübingen und New York, und lebt als Autorin und Übersetzerin in München.
Ihr Werk umfasst Romane, Erzählungen, Gedichte und Essays. (mehr …)

[LiSe 07/25] Lyrische Kostprobe: Keine eindeutige Botschaft

Alke Stachler, geboren 1984, tätig u. a. als Autorin und Lektorin, stu-dierte Englische und Neuere Deutsche Literaturwissenschaften sowie Sprachwissenschaften in Augsburg und Swansea/Wales.

Zum ihrer Schreibtätigkeit sagt sie: „Was mich zum Gedichteschreiben bewegt, ist gar nicht so einfach zu beantworten. Ich habe in der Lyrik einfach meine Sprache gefunden oder sie mich, obwohl ich zugeben muss, dass ich momentan an einem Roman arbeite. Aber auch dieses Romanprojekt ist sehr geformt von meiner Art, Gedichte zu schreiben.“ Das Besondere an lyrischer Sprache sei, so Stachler, dass sie keine eindeutige „Botschaft“ habe, keinen festgelegten Inhalt, sondern in der Schwebe bleibe und der Wahrnehmung Türen öffnen könne. (mehr …)

[LiSe 05/25] Lyrische Kostprobe „Dein Ich ein in die Luft geworfener Stein“

Albert von Schirnding zum 90.

„Der Zuspruch, im Uneingeengten des Worts, das ist es doch, was an solchen Versen rührt und gewinnt.“ – Mit diesen Worten würdigte Erhart Kästner das lyrische Debüt Falterzug von Albert von Schirnding, das 1956 im Hanser Verlag erschien. Seitdem sind zahlreiche Bände des Autors erschienen: Gedichte, Essayistik, Erzählprosa. (mehr …)

[LiSe 04/25] Lyrische Kostprobe

Das Verhältnis von Wir und Ich
Sabina Lorenz ist italienisch-deutscher Herkunft. Wie viele andere, fing sie als Jugendliche an, Gedichte zu schreiben. Nur hörte sie damit nicht wieder auf.

Lyrik wurde für sie eine Methode, nachzudenken und – bestenfalls – eine ästhetische Form für diese Gedanken zu finden, wie sie es selbst bezeichnet.
„Unter der argumentativ-narrativen Diktion von Sabina Lorenz klaffen abgründige Fragen auf, nach dem Gemeinwesen als Schuld- oder Verantwortungsgemeinschaft und nach dem Verhältnis von Wir und Ich“, schrieb Pia-Elisabeth Leuschner von der Stiftung Lyrik Kabinett über ihren Stil.

Lorenz lebt und arbeitet in München, hatte Sozialpädagogik in München und London studiert und ist Mitglied der Gruppe „Reimfrei“.
Red

#Orlando

                  für I.

Lass uns wandern, ein Sprung durchs Feuer
vor dem nächsten Schnee, die Zukunft liegt
auf der anderen Seite, fortlaufende Schleife
aus Aufruhr und Wiedergeburt. Dort treffen
wir kleine Vögel inmitten Irisblüten, regen-

bogenfarben, und Staub,

gottlos, diese Stadt ohne Hass, eingebunden
in galaktische Federwolken, wo wir rätseln
über Artefakte, die uns unserer Menschlichkeit
beraubten, behauptend, dass irgendein Gott
auf ihrer Seite stand. Code □ m □ w als 

Lebensmuster, ausgemustert

die Unbestimmten, Zeugnisse einer Zeit
der willkommenen schäbigen Gefühle. Hass®
als eingetragenes Warenzeichen. Was sahen
sie, die Beifall klatschten? Sportficken, Massen-
morde, Kriege, bestehend aus Unterwerfung,

Angst und Tod, der Rest war Bürokratie.

Wir waren wieder jung, vergaßen, dass die Welt
nicht so verliebt in uns war, wie wir ineinander.
Wir träumten von Namensgebung. Vom Gebären
als menschlichen Akt. Von Angleichung der Stern-
bildgrenzen. Von Staub. Wir erwachen erneut

im andern Geschlecht. 

Selbstvergeudung über Epochen, Sprünge
durchs Feuer. Geisterchor der Möglichkeiten,
zeitlos fremd. Eine Burlesque. Ein Ruhepunkt
im Regen. Ein 300jähriges Leben als innigster
Liebesbeweis. Wie wilde Vögel füttern.

Weiter tanzen.
Sabina Lorenz

Aus:
Sabina Lorenz: #wie wir binden. # wie wir verschwinden.
Paperback, 80 Seiten
Allitera Verlag,  Lyrikedition 2000, München, 2016, 11,50 Euro